Der Aachener Städteregionsrat Helmut Etschenberg ist erst kürzlich einer Einladung nach Maastricht gefolgt, um dort über den aktuellen juristischen Stand des Klage-Verfahrens gegen  den belgischen Pannen-Reaktor „Tihange“ zu informieren und weitere Informationen auszutauschen.

Professor Dr. Alfred Böcking, Bürgermeisterin Annemarie Penn-Te Strake und Städteregionsrat Helmut Etschenberg bei der Informationsveranstaltung für Bürger in Maastricht.
Professor Dr. Alfred Böcking, Bürgermeisterin Annemarie Penn-Te Strake und Städteregionsrat Helmut Etschenberg bei der Informationsveranstaltung für Bürger in Maastricht

Zu dem Treffen das die Bürgermeisterin von Maastricht, Annemarie Penn-Te Strake, eröffnete, waren  viele besorgte Bürger aus Maastricht und aus anderen niederländischen Städten sowie aus Deutschland und Belgien gekommen.

Neben der StädteRegion …

… und einer Kommune aus Luxemburg ist Maastricht die dritte Gebietskörperschaft, die in Kürze eine weitere Klage gegen Tihange 2 vor dem belgischen Gericht der ersten Instanz erheben wird, teilte die StädteRegion Aachen in einer Pressemitteilung zum Treffen mit.

Darin heißt es weiter: Bei dem Treffen  hätten, dank breiter Fachbesetzung,  die Themen Atomkraft und Radioaktivität im Allgemeinen sowie Tihange und Doel im Speziellen aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet werden können.

Auch die Gegenseite …

sei bei dem Treffen vertreten gewesen. Matthias Meersschaert vom Belgian Nuclear Forum, das den Nuklearsektor in Belgien repräsentiert, versuchte, die Sicherheitsbedenken bzgl. Tihange und Doel zu zerstreuen, stieß dabei jedoch auf heftigen Widerspruch von Zuhörern und eingeladenen Experten.

Vor allem Maastrichts-Bürgermeisterin betonte: „Unsere Verantwortung in der Gemeinde ist es, dass sich unsere Bürger sicher fühlen.“

Atomzentrale Tihange
Atomzentrale Tihange

Eloi Glorieux von Greenpeace Belgien bezeichnete die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken über 40 Jahre hinaus als „Russisch Roulette“. Zudem warf er der belgischen Atomaufsichtsbehörde FANC vor, ihrer Aufsichtspflicht nicht im angemessenen Umfang nachzukommen.

Professor Dr. Alfred Böcking beleuchtete als Experte für Strahlenembryopathie und Strahlenkarzinogenese die kurz- und langfristigen Folgen radioaktiver Strahlung auf die Zellteilung und die Entwicklung von Krebs.

Mit großem Interesse nahmen die Anwesenden die Beiträge Etschenbergs auf, der u.a. über den Stand der eingereichten Klagen informierte. Er wies aber auch darauf hin, dass der Druck aus Bevölkerung und Politik weit höher zu gewichten sei, als juristische Maßnahmen. In Deutschland, den Niederlanden und Luxemburg hätten sich mittlerweile über 60 Städte und Gemeinden in einem Aktionsbündnis zusammengeschlossen. Dies zeige Wirkung. Auch aus Belgien konnte Etschenberg positive Entwicklungen vermelden.

StädteRegionsrat Helmut Etschenberg und der Ministerpräsident der deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, Oliver Paasch übermitteln Belgiens Innenminister ihre Sorgen ...
StädteRegionsrat Helmut Etschenberg und der Ministerpräsident der deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, Oliver Paasch übermittelten bereits vor Wochen Belgiens Innenminister Jambon ihre Sorgen …

So habe sich der Ministerpräsident der Deutschsprachigen Gemeinschaft zwar bisher nicht der Klage angeschlossen, fordere aber auch seine Kollegen auf, sich für eine Stilllegung von Tihange stark zu machen, erklärte der Städteregionsrat. „Bereits in seiner Resolution vom 21. März hatte sich das Parlament der DG grundsätzlich für einen schnellstmöglichen Ausstieg aus der Atomenergie ausgesprochen und die Föderalregierung aufgefordert, unabhängigen Experten aus Europa die uneingeschränkte Möglichkeit zu eröffnen, in Tihange und Doel unabhängige Inspektionen durchzuführen.“ Der Städteregionsrat bekam viel Zustimmung für seine klaren Worte.

Auch Präventions- und unmittelbare Notfallmaßnahmenwurden von weiteren Rednern beleuchtet, allen voran die Verteilung von Jodtabletten und deren medizinische Wirkung. Etschenberg setzt sich für eine Vorabverteilung von Jodtabletten an die Bevölkerung ein, so wie nun auch in Belgien geplant. Er wies diesbezüglich auf den Austausch mit NRW-Innenminister Ralf Jäger hin der der Städteregion   signalisiert habe,  dass er auch eine Vorabverteilung von Jodtabletten ermöglichen wolle.

Die rege, zum Teil sehr emotional geführten Diskussionen am Schluss der Veranstaltung, hätten gezeigt,  kommentierte die Städteregion in der Pressemitteilung,  welche Brisanz das Thema auch in den Niederlanden habe. So sei man sich am Ende einig gewesen, dass alle an einem Strang ziehen müssten, wenn man gegen eine starke Lobby erfolgreich sein wolle. „Die bisherigen Entwicklungen machen Mut“, so Etschenberg. „Wir werden erst Ruhe geben, wenn Tihange 2 abgeschaltet ist.“