Wir erleben gerade ein stilles Artensterben und zwar nicht im fernen Afrika, sondern direkt vor unserer

Stilles Sterben; Karik. U&E
Stilles Sterben; Karik. U&E

Haustür, berichtete gestern der  BUND Regionalverband Südlicher Oberrhein und bezieht sich unter anderem auch auf Feststellungen der Europäischen Umweltagentur (EEA).

 In den letzten Jahrzehnten hat demnach die Zahl der Schmetterlinge (nicht nur) am Oberrhein stark abgenommen. “Zwischen 1990 und 2011 brach die Population von 17 in der EU verbreiteten Schmetterlingsarten um rund die Hälfte ein”, schreibt die Europäische Umweltagentur (EEA) 2013 in ihrem Bericht. Das deutet auch auf den Rückgang vieler anderer Insektenarten hin. Selbst Nicht-Biologen fällt auf, dass der Artenreichtum und die Anzahl der Schmetterlinge massiv abgenommen haben, schreibt der BUND.

15.07.16 blauer SchmetterlingDies gelte nicht nur für die Maissteppe am Oberrhein, „sondern erschreckenderweise auch für die wertvollsten, immer dem Gifteintrag ausgesetzten Naturschutzgebiete am Kaiserstuhl oder für die Orchideen-Wiesen am Bollenberg im Elsass. Der beste ‚Indikator‘für das große, stille Insektensterben ist Ihre Windschutzscheibe. War diese nach sommerlichen Fahrten vor 30 Jahren noch heftig “insektenverschmiert”, so ist sie jetzt erschreckend ‚sauber‘. Schnaken gibt´s natürlich noch, aber die “dicken Brummer” fehlen.“

Wir erleben gerade ein stilles Artensterben und zwar nicht im fernen Afrika, sondern direkt vor unserer Haustür.

Während das Bienensterben,

ausgelöst nicht zuletzt durch Neonicotinoide, zumindest noch öffentlich diskutiert wird, ist das stille Sterben der Schmetterlinge, der Wildbienen und anderer Insekten leider kein öffentliches Thema.

“Schuld am Sterben der Schmetterlinge sind insbesondere die intensive Bodennutzung durch Flächenverbrauch, industrielle Landwirtschaft und Pestizide”, sagt laut BUND ein Bericht der Europäischen Umweltagentur (EEA). Auch wenn wir uns in dieser südwestlichen Ecke Deutschlands über gelegentliche Neufunde (Purpurweiden-Jungfernkind…) und klimabedingte “Wanderungsgewinne” aus dem Süden freuen, ändere dies nichts am Grundproblem.

25.03.16 Pfeil für Text„Ich untersuche die Tag- und Nachtfalter

in der Oberrheinebene seit 30 Jahren regelmäßig und sowohl die Artenzahlen als auch die Faltermengen gehen insgesamt stark zurück.

Es fällt auf, dass auch Wiesen, die selbst nicht zerstört wurden, aber in der Agrarlandschaft unmittelbar den Randeinflüssen der gespritzten Kulturen ausgesetzt sind, nur noch von wandernden Faltern besucht werden. Wiesen im Wald sind oft noch nicht so betroffen. Die bunten Wiesen der Hochwasserdämme in der Aue sind vom Wald abgeschirmt und geschützt und darum immer noch Falter-reich. Im Kaiserstuhl haben sich einige Arten nur noch in den windgeschützten Tälern gehalten. Da wundert man sich natürlich nicht, dass neben Schmetterlingen und anderen Insekten auch Singvögel und Fledermäuse selten werden.“ sagt Jörg-Uwe Meineke, Schmetterlingsexperte und ehemaliger Leiter des Referats für Naturschutz und Landschaftspflege im Regierungspräsidium Freiburg.

Schmetterling Admiral
Schmetterling Admiral

Immer mehr Studien zeigen,

dass nicht nur Honigbienen, Wildbienen, Hummeln und andere Insekten durch Neonikotinoide geschädigt werden, sondern dass die Biodiversität in Gefahr und zum Teil schon geschädigt ist.

Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit, so der BUND in seinem Bericht,  bekämpfen deutsche Chemiekonzerne mit allen juristischen Mitteln und ausgestattet mit Geld und Macht jede kritische Stimme, die ihre lohnenden Giftgeschäfte gefährden könnten. Gerade der Konflikt um die heftig umstrittenen Neonicotinoide werde mit großer Härte ausgetragen und habe den kleinen BUND-RV am südlichen Oberrhein schon viel Geld gekostet.

25.03.16 Pfeil für TextDas Schmetterlingssterben ist nur ein kleiner Teil des globalen Artensterbens
Von Jahr zu Jahr stehen, laut BUND,  mehr gefährdete Tiere und Pflanzen auf der Roten Liste der bedrohten Arten.

Und die Rote Liste zeigte noch nicht einmal das ganze Ausmaß des weltweiten Artensterbens. Durch das was wir “Wachstum und Fortschritt” nennen, hat sich das globale und regionale Artensterben derart beschleunigt, dass Forscher mittlerweile vom sechsten Massensterben der Erdgeschichte sprechen. Neue Untersuchungen gehen davon aus, dass die derzeitige Aussterberate von 3 bis 130 Arten pro Tag um den Faktor 100 bis 1000 über dem natürlichen Wert liegt.

“Natürlich werden auch in Südbaden, im Elsass und in der Nordschweiz neue Naturschutzgebiete ausgewiesen”, so der BUND.
Aber der Gifteintrag macht auch dem BUND zufolge vor dieser Restnatur nicht halt und die Zahl der Schmetterlinge schwindet. Während neue Naturschutzgebiete unter öffentlichem Beifall eingeweiht werden, verschwinden gleichzeitig wesentlich größere Flächen unter Beton und Asphalt.

Zwischen Offenburg und Freiburg gibt es noch einen minimalen Freiraum von 17,7 km und Siedlungsstrukturen von 50,3 km. Gerade auch am Oberrhein – in der selbsternannten Ökoregion (in der gerade die Autobahn auf 6 Spuren erweitert werden soll) – gilt: “Der Naturschutz arbeitet am kleinen Detail, die Naturzerstörer arbeiten am großen Ganzen”.