Gaspipeline Nord-Stream 2: Die EU-Kommission schaltet sich massiv in die Verhandlungen mit Moskau ein
Die Europäische Kommission hat den Rat der Europäischen Union am vergangenen Freitag, 09. Juni,
förmlich um ein Verhandlungs-mandat mit der Russischen Föderation über „die Grundprinzipien für den Betrieb der geplanten Gaspipeline Nord Stream 2 ersucht“. Das hat die Kommission am Freitag bekannt gegeben. Für Russland stellt sich dass allerdings ganz anders dar. Danach hatte der Vizepräsident für die Energieunion, Maroš Šefčovič ,am Sonntag, 11. Juni, auf einer Pressekonferenz in der kasachischen Hautstadt Astana nach einem Bericht von der von Moskau gesteuerten Nachrichten-Agentur Sputniknews erklärt: „Wir sind berechtigt, nicht nur an den Diskussionen teilzunehmen, sondern auch gewisse Änderungen im Wortlaut (des Abkommens über die Pipeline Nord Stream 2 – Anm. d. Red.) vorzunehmen. Dafür ist die Unterstützung der meisten EU-Länder erforderlich“, so Sefcovic.
Wir , U+E, haben nun beide Positionen in gesonderten Berichten dargestellt. Wir beginnen mit der Darstellung der EU-Kommission und berichten im zweiten Teil über die Darstellung Moskaus zum hochaktuellen Thema.
In der Mitteilung der EU heißt es sie wolle mit ihrem Vorstoß von allen Mitgliedsländern ein Verhandlungsmandat zu erhalten, sicherstellen, dass die Pipeline Nord Stream 2 im Einklang mit den wichtigsten Grundsätzen des internationalen und EU-weiten Energierechts sowie auf transparente und diskriminierungsfreie Weise betrieben und angemessen aufsichtsrechtlich überwacht werde.
„Ein diversifizierter und wettbewerbsorientierter Gasmarkt ist eine der Prioritäten der EU in den Bereichen Energieversorgungssicherheit und Energieunion“, erklärte der Vizepräsident für die Energieunion, Maroš Šefčovič , anlässlich der Bekanntgabe der Maßnahme.
„Wie wir bereits mehrfach angemerkt haben, trägt Nord Stream 2 nicht zu den Zielen der Energieunion bei“, konstatierte Šefčovič weiter.
Wenn die Pipeline dennoch gebaut werde, müsste die Kommission wenigstens dafür sorgen, dass sie transparent und im Einklang mit den wichtigsten Bestimmungen des EU-Energiemarkts betrieben werde betonte der EU-Vizepräsident.
Miguel Arias Cañete, Kommissar für Klimapolitik und Energie, ergänzte: „Wie jedes andere Infrastrukturprojekt in der EU kann und sollte die Pipeline Nord Stream 2 nicht im rechtsfreien Raum oder ausschließlich nach dem Recht eines Drittlands betrieben werden. Wir ersuchen den Rat daher um ein Mandat für Verhandlungen mit Russland über einen besonderen Rechtsrahmen, damit wir die Grundprinzipien des EU-Energierechts auf Nord Stream 2 anwenden und für einen funktionierenden europäischen Energiebinnenmarkt sorgen können.“
Die Kommission verwies in ihrer Mitteilung darauf, dass neben der Energieversorgungssicherheit eine der Prioritäten der Energieunion ein ausreichend diversifizierter und wettbewerbsorientierter Gasmarkt sei. Sie unterstütze daher den Abbau von Handelsbarrieren und den Bau kritischer Gasinfrastrukturen.
„Es zählen jedoch mehrere Schwerpunkte zur Diversifizierungsstrategie der Energieunion, darunter die Schaffung des südlichen Gaskorridors, die Entwicklung eines Flüssiggas-Hubs im Mittelmeerraum und die Förderung des Zugangs zu
Flüssigerdgas und Gasspeicherung – ein Thema, zu dem die Kommission bereits im Februar 2016 eine Strategie herausgegeben hat“, heißt es wörtlich in der Stellungnahme zum Vorgehen der Kommission im Zusammenhang mit der Maßnahme zur Überprüfung des Projektes Nord-Stream 2.
Die dabei angestrebte regionale Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten habe bereits konkrete Ergebnisse gebracht: So würden etwa im Ostseeraum zentrale Gasinfrastrukturen mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union gebaut, darunter die Gasverbindungsleitungen zwischen Polen und Litauen oder der sogenannte „Balticconnector“ zwischen Finnland und Estland. Zudem fördere die Kommission aktiv den Bau eines neuen nördlichen Korridors, der Norwegen über Dänemark mit Polen verbinde. Auch in Mittel- und Südosteuropa unterstütze die Kommission den Abbau von Barrieren für den freien Gastransport und den Bau der erforderlichen Gasinfrastrukturen, heißt es in der Stellungnahme der Kommission weiter.
Nach Ansicht der Kommission trägt das Projekt Nord
Stream 2 nicht zu den Zielen der Energieunion bei, neue Versorgungsquellen, Routen und Anbieter zu erschließen. Vielmehr könnte es einem einzigen Anbieter sogar erleichtern, seine Stellung auf dem EU-Gasmarkt weiter zu stärken, und mit einer weiteren Konzentration der Versorgungswege einhergehen.
Die Kommission verweist in diesem Zusammenhang ganz bewusst darauf, dass es derzeit gut funktionierende Gastransportinfrastrukturen gebe, die die Energieversorgung in Europa sicherstellten. Dagegen könnten durch den Bau von Nord-Stream 2 bestehende Transportwege, insbesondere über die Ukraine, gefährdet werden.
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