2010 waren Deutschlands Treibhausgasemissionen um rund 33 Millionen Tonnen CO₂ angestiegen. Doch:  „Deutschland fällt 2021 sogar hinter sein 2020er-Klimaziel zurück, denn wir liegen nur noch 37 Prozent unter dem Niveau von 1990“, betonte gestern, Montag, 16. August, Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende, anlässlich der am selben Tag veröffentlichten Studie seines Hauses. Umwelt- und Energie-Report haben berichtet, s. unten

"Ein Sofortprogramm rechtlich zwingend...!" ..!" Patrick Graichen
“Ein Sofortprogramm rechtlich zwingend…!” ..!” Patrick Graichen

Graichen belegt damit: „Der vermeintliche Erfolg von 40 Prozent Emissionsminderung im letzten Jahr war kein wirksamer Klimaschutz, sondern eine Eintagsfliege, bedingt durch Corona und Sondereffekte. 2021 stehen wir damit wieder an der Startlinie. Daher braucht es jetzt das größte Klimaschutz-Sofortprogramm, das es in der Bundesrepublik je gegeben hat.“

In  einem Sofortprogramm das die nächste Regierung nach der Bundestagswahl im September in den ersten 100 Tagen als  entscheidende Weiche für Klimaneutralität stellen sollte müsse  etwa ein vorgezogener Kohleausstieg sowie die Verdreifachung des Ausbaus von Windkraft- und Solaranlagen gehören.

Die Bereiche Gebäude, Verkehr und Industrie werden laut den Berechnungen von Agora Energiewende die im Klimaschutzgesetz festgeschrieben Sektorenziele für 2021 verfehlen. Graichen  bringt  auch die rechtliche Seite ins Spiel und erklärt: „Mit dem jetzigen Anstieg ist ein Sofortprogramm mit wirksamen Klimaschutz-Maßnahmen quer durch alle Sektoren nicht nur notwendig, sondern auch rechtlich zwingend!“ Laut Klimaschutzgesetz verpflichtet die Verfehlung der Sektorenziele zur Umsetzung eines Sofortprogramms, das dem Emissionsanstieg entgegenwirkt.

Den Anstieg der Emissionen aus der Energiewirtschaft schätzt Agora insgesamt auf etwa 30 Millionen Tonnen CO₂. Im ersten Halbjahr haben Kraftwerke den Vorjahreswert bereits um 20 Millionen Tonnen CO₂ übertroffen. Grund dafür ist zum einen der verstärkte Einsatz von fossilen Kraftwerken, nachdem

"...sowie die Verdreifachung des Ausbaus von Windkraft- und Solaranlagen  gehören ..... " ; Bild U+ E
“…sowie die Verdreifachung des Ausbaus von Windkraft- und Solaranlagen gehören ….. ” ; Bild U+ E

sich die Stromnachfrage wieder erholt hat. Insbesondere Braunkohlekraftwerke sind im ersten Halbjahr bei einem hohen Gaspreis wieder wirtschaftlicher geworden und haben einen großen Teil zum Emissionsanstieg beigetragen. Außerdem sorgten durchschnittliche Windverhältnisse im ersten Halbjahr 2021 – im Unterschied zu den besonders windertragreichen Monaten von 2020– für einen Rückgang bei der Windverstromung im Vergleich zum Vorjahr.

Im Gebäudebereich ist nach einem langen und kalten Winter ebenfalls mit steigenden Emissionen zu rechnen. Schon 2020 war dies der einzige Sektor, der sein Klimaziel trotz Corona verfehlt hatte. Aufgrund des angestiegenen Heizbedarfs Anfang des Jahres rechnet Agora mit einer erneuten Zielverfehlung um rund 7 Millionen Tonnen CO₂ – was einen unverändert hohen CO₂-Ausstoß von Häusern gegenüber 2020 bedeuten würde.

Damit der Verkehrssektor sein Klimaziel erreicht, müssten die Emissionen gegenüber dem Vorjahr sinken. Dies ist angesichts des durch Corona bedingten außergewöhnlich niedrigen Verkehrsaufkommens 2020 jedoch unwahrscheinlich, schätzen Patrick Graichen und Sein Institut ein.   Agora geht in seinen Berechnungen davon aus, dass sich der Verkehr weiter normalisiert und erwartet daher einen Emissionsanstieg von bis zu 10 Millionen Tonnen CO₂.

Mit dem Wiederhochfahren der industriellen Produktion ist auch eine Verfehlung des Industrie-Sektorziels um rund 8 Millionen Tonnen CO₂ wahrscheinlich. Allein die Landwirtschaft ist kaum von der Corona-Krise beeinflusst. Hier erwartet Agora eine Trend-Fortschreibung und entsprechend einen geringfügigen Emissionsrückgang.

Lesen Sie dazu auch unseren Bericht: Deutschland:Vor dem größten Anstieg von Treibhausgasemissionen seit 1990

und auch: „Das ist ein klimapolitisches Desaster !!!”