“Die Ausgangssituation zu Beginn der Heizperiode ist deutlich besser als im vergangenen Jahr „, konstatierte am vergangenen Donnerstag, 02. November, die Bundesnetzagentur und veröffentlichte am selben Tag  neue Szenarien zu den Gasspeicherfüllständen und zur Gasversorgung in Deutschland für den Winter 2023/2024.

Demnach sind die Gasspeicher   sehr gut gefüllt und auch die Importe und Einsparungen sind stabil. Doch sie mahnt zugleich: Für eine vollständige Entwarnung ist es aber zu früh. Ein sehr kalter Winter würde den Gasverbrauch stark ansteigen lassen. Bei einem Stopp der verbleibenden russischen Gaslieferungen nach Südosteuropa müssten diese Staaten in einer Mangellage über Deutschland

"Die Einsparerfolge im letzten Winter waren beachtlich... !" Klaus Müller
“Die Einsparerfolge im letzten Winter waren beachtlich… !” Klaus Müller

mitversorgt werden” konstatiert Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur. Er lobte aber zugleich : “Die Einsparerfolge im letzten Winter waren beachtlich. Viele Menschen gehen mit der Heizung bewusster um. Das erhoffen wir uns auch für den kommenden Winter. Niemand soll frieren. Aber zugleich bitten wir die Menschen, dass sie sich auch weiterhin genau überlegen, welcher Verbrauch sich einsparen lässt. Wer Gas sparsam verbraucht, kann auch im kommenden Winter viel Geld sparen. Die Einsparungen zwischen Oktober 2022 und September 2023 haben die Kosten für einen Durchschnittshaushalt um rund 440 Euro reduziert.”

Die Bundesnetzagentur schätzt die Gefahr einer angespannten Gasversorgung in einem normal kalten Winter mittlerweile als gering ein. Die Versorgungssituation hat sich – so ihre Darstellung – gegenüber dem vergangenen Winter wesentlich verbessert. Einerseits konnten die Einspeisemöglichkeiten aus LNG-Anlagen erweitert und die ausbleibenden Gasflüsse aus Russland durch Gaslieferungen aus Norwegen, den Niederlanden und Belgien kompensiert werden. Auch liegen die Füllstände der Gasspeicher derzeit bei 99,65 Prozent. Einen wesentlichen Einfluss auf die Wiederbefüllung der Gasspeicher hatten die Einsparungen im vergangenen Winter von rund 20 Prozent. Sie sorgten dafür, dass die Speicher auch zum Ende des letzten Winters noch relativ gut gefüllt waren.

 Die aktuellen Szenariorechnungen der Bundesnetzagentur beschränken sich auf einen Winter mit ausgeprägten Kältephasen und durchschnittlichen Tagestemperaturen von bis zu -13 Grad Celsius, wie es sie im Winter 2012 gegeben hat. In insgesamt sechs neuen Szenarien, die an die Szenarien für den Winter 2022/2023 anknüpfen, untersucht die Bundesnetzagentur die verbleibenden Risiken, zu denen die Auswirkungen eines kalten Winters einerseits und mögliche Einschränkungen bestehender Liefer- und Transportwege andererseits gehören.

Die Agentur geht in ihren Modellierungen von einer Verbrauchsersparnis von bis zu 10 Prozent gegenüber einem auf ein Kaltjahr angepassten durchschnittlichen Verbrauch der Jahre 2018-2021 aus. Dies liegt insbesondere daran, dass gerade in einem Kaltjahr höhere Einsparungen nur schwer umzusetzen sind. So zeigen die Verbrauchsdaten des letzten, eher milden Winters, dass bereits bei kleineren Kältephasen die Einsparungen stark zurückgingen.
Die  Agentur hat aber auch einen höheren Exportbedarf untersucht, beispielsweise aufgrund eines russischen Lieferstopps über die Ukraineroute (Gas aus Russland).Angenommen wird, dass Südosteuropa ab November 2023 zusätzlich zu den bestehenden Exportkapazitäten mit Erdgas aus Deutschland in Höhe von 20 GWh/h versorgt werden müsste.

Zudem werden die Konsequenzen betrachtet, wenn zusätzlich Gaslieferungen nach Deutschland aufgrund kalter Temperaturen reduziert würden. Im letzten Winter wurde der Transport aus den westlichen Nachbarstaaten sehr durch den witterungsbedingt niedrigen Eigenverbrauch begünstigt. Mit sinkenden Temperaturen in diesen Ländern konnte ein Rückgang der Importe nach Deutschland beobachtet werden, was insbesondere durch die dann eingeschränkte Transportfähigkeit der Netze begründet werden kann. Um diesen Effekt berücksichtigen zu können, wird in zwei Szenarien unterstellt, dass der Import im modellierten Kaltjahr um 15 GWh/h niedriger ausfallen würde.

Hier die Ergebnisse der Modellrechnungen, kurzgefasst: In drei der sechs untersuchten Szenarien reichen die verfügbaren Gasmengen aus, um die Versorgung zu sichern. Voraussetzungen

"Angespannt würde die Lage, wenn die Exporte sich erhöhen und die Importe sinken ....!"
Angespannt würde die Lage, wenn die Exporte sich erhöhen und die Importe sinken ….!”

dafür sind Im- und Exporte auf demselben Niveau wie im Vorjahr sowie eine Auslastung der LNG-Kapazitäten von mindestens 50 Prozent. Je nach Verbrauchseinsparung verändert sich der Speicherfüllstand deutlich. Sofern es zu einem Zusatzbedarf in den Nachbarländern käme (Szenario 2a), könnten die Speicherfüllstände auf einen Mindeststand von 23 Prozent sinken.

Angespannt würde die Lage, wenn die Exporte sich erhöhen und die Importe sinken (Szenario 3a). Hier würde sich der Speicherfüllstand trotz einer Auslastung der LNG-Terminals von bis zu 90 Prozent auf 17 Prozent verschlechtern.
Kritisch könnte die Versorgungslage unter den ungünstigen Entwicklungen von zwei Szenarien (2b und 3b) werden. Eine Marksituation mit kältebedingt hoher nationaler Nachfrage, einem höheren Bedarf in den Nachbarländern sowie niedrigerer Importe nach Deutschland würde in diesen Worst-Case-Fällen dazu führen, dass der vorhandene Gasbedarf nicht vollständig gedeckt werden könnte.

Nochmal: Um den verbleibenden Risiken Rechnung zu tragen, empfiehlt die Bundesnetzagentur auch weiterhin, Gas sparsam zu verbrauchen. Zudem gilt nach wie vor das europäische Einsparziel von 15 Prozent, auf das sich die EU-Mitgliedsstaaten im Sommer 2022 verständigt haben. Das deutsche Gasnetz ist noch nicht vollständig für die neue Gasflusssituation ertüchtigt, was gerade bei niedrigen Temperaturen eine besondere Herausforderung darstellt. Wenn die bisherigen Einsparungen von 20 Prozent in den kommenden Monaten beibehalten werden, verbessert sich die Vorsorge auch für einen sehr kalten Winter, weil dann erst so spät wie möglich die Reserven in den Speichern genutzt werden müssen. Ein sparsamer Gasverbrauch senkt angesichts der weiterhin höheren Gaspreise auch die Kostenbelastung der Verbraucherinnen und Verbraucher.