Schon heute sind über 50 Prozent der Stromerzeugung erneuerbar und zunehmend dezentral. Sowohl Privatpersonen als auch Gewerbe und Industrie können sich als Betreiber und Nutzer von dezentralen Erzeugungsanlagen, wie beispielsweise PV-Anlagen, vermehrt und aktiv an der Energiewende beteiligen, bestätigte am gestrigen Montag, 19. Februar, der Bundesverband der Gas- und Wasserwirtschaft (BDEW) gegenüber Umwelt- und Energie-Report.

Als eine Möglichkeit wie sie sich beteiligen können, nennt der BDEW  das  sogenannte Prosuming. Durch technische Entwicklungen wie Hausspeicher und strombasierte Anwendungen wie Wärmepumpen oder Ladesäulen für Elektrofahrzeuge haben demnach private Betreiber von Erneuerbaren-Anlagen

Kerstin Andreae:: „Es gibt bereits eine Vielzahl innovativer technischer Lösungen für effiziente Energieerzeugung, .....!"
Kerstin Andreae:: „Es gibt bereits eine Vielzahl innovativer technischer Lösungen für effiziente Energieerzeugung…..!”

vielfältige Möglichkeiten, einen wachsenden Teil ihres erzeugten Stroms selbst zu verbrauchen. Der Erzeuger (engl. „Producer“) ist also zunehmend auch gleichzeitig Verbraucher (engl. „Consumer“) und verbindet beide Rollen zum „Prosumer“.

Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung  hebt deshalb hervor: „Es gibt bereits eine Vielzahl innovativer technischer Lösungen für effiziente Energieerzeugung, -speicherung und -nutzung in Betrieben, Gebäuden oder an Energieerzeugungsstandorten. Allerdings werden diese unter dem heutigen rechtlichen und regulatorischen Rahmen kaum realisiert !“ Dabei werden die hohen Potenziale von Prosuming   auch in einer Studie von Fraunhofer ISE und Energy Brainpool im Auftrag des BDEW aufgezeigt, die eine Reihe möglicher Prosuming-Anwendungen untersuchte.

Um diese Potenziale zu heben, hat der BDEW nun 14 Handlungsempfehlungen veröffentlicht. Diese betreffen unter anderem die Vereinfachung und Netzintegration von großen Prosuming-Anwendungen, die Bereitstellung von Flexibilitäten für Verteilnetzbetreiber, die Marktteilnahme von Prosumern, den Smart-Meter-Rollout, die Nutzung von Speichern und die Anwendung von Sektorkopplungstechnologien.

Ein besonders großes Hemmnis seien die aktuellen Regelungen für größere Zusammenschlüsse zur gemeinsamen Stromerzeugung und -nutzung, bedauert Kerstin Andreae: „Der Betreiber einer Erzeugungsanlage zur Eigenversorgung wird nach derzeitigem Recht zu einem ‚Energieversorger‘ sobald er weitere Verbraucher mit seiner Anlage beliefert – mit allen einhergehenden energiewirtschaftlichen Pflichten. Diese Pflichten sollten generell für alle Versorger vereinfacht werden, um den aktuell hohen Aufwand zu minimieren.“

Der BDEW schlägt daher vor, entsprechend dem europäischen Recht eine ‚kollektive Eigenversorgung‘ einzuführen, bei der sich Stromverbraucher innerhalb der Prosuming-Anwendungen im Eigenverbrauchs- und Mieterstromkonstrukt – also aktuell hinter einem definierten Netzanschluss – vertraglich zu einer kollektiven Eigenversorgung zusammenschließen können. So könnte die Prosuming-Quote und damit die Wirtschaftlichkeit von Anwendungsfällen deutlich gesteigert werden.

Ein Fazit von Kerstin Andreae: „Durch Prosuming könnten nicht nur ganze Quartiere künftig eine hohe Selbstversorgung erreichen, sondern auch Wertschöpfung und Akzeptanz der Energiewende vor Ort erheblich gesteigert werden, da die Bürgerinnen und Bürger sich unmittelbar durch Investitionen an der Energiewende beteiligen können. Durch Erschließung von Flexibilitäten können Prosumer zudem einen Beitrag zur Stabilisierung des Energiesystems leisten“, sagt Andreae. „Wir sollten diese Potenziale nutzen. Die Rahmenbedingungen für das Prosuming müssen deshalb dringend angepasst werden.“

Klar sei aber auch die Schlussfolgerung: „Auch ein Energiesystem mit hoher dezentraler Versorgung muss finanziert werden. Prosumer müssen deshalb einen verursachungsgerechten Beitrag zur Finanzierung der Netzinfrastruktur leisten und gleichzeitig perspektivisch ihre Flexibilitäten netz-, system- und marktdienlich einsetzen.“