Laut Alex Miller, Vorstandschef des russischen Energie-Konzerns Gazprom, erwägt für sein Unternehmen  einen Strategiewechsel für den Erdgasvertrieb in Europa.

 Alex Miller, Chef des russischen Erdgasriesen Gazprom: Kiew könnte Versorgungsprobleme bekommen
Alex Miller, Chef des russischen Erdgasriesen Gazprom: Will seine Strategie für Europa ändern

Miller ist ganz offensichtlich unzufrieden darüber, dass sich der Aktientausch mit Wintershall, dem größten deutschen Erdöl- und Erdgasproduzenten, weiter in die Länge zieht. Darüber ließ der enge Vertraute von Präsident Putin beim internationalen Gasforum in ST. Petersburg keinen Zweifel aufkommen. Für die BASF-Tochter Wintershall erklärt dagegen ihr Sprecher Stefan Leunig gegenüber Umwelt und Energie-Report: “BASF und Gazprom haben am 23. Dezember 2013 in Moskau den abschließenden Vertrag unterzeichnet. Die Europäische Kommission hat die Prüfung der Transaktion abgeschlossen und ihr am 4. Dezember 2013 ohne Einschränkungen zugestimmt. Die Teams auf beiden Seiten arbeiten intensiv am Abschluss dieser komplexen Transaktion. Die Arbeit zur Umstrukturierung und Vorbereitung der Assets der jeweiligen Parteien läuft planmäßig. Aber der komplexe juristische Entflechtungsprozess, der die Gründung neuer Gesellschaften in Russland, in den Niederlanden und Deutschland erfordert, dauert länger als zunächst angenommen. Daher erwarten wir den Abschluss unseres Tauschs von Vermögenswerten mit Gazprom nun im Herbst 2014 – mit wirtschaftlicher Rückwirkung zum 1. April 2013.”

Ganz offensichtlich traut Gazprom-Chef Miller diesen Erklärungen, die er sicherlich von seiten der Wintershall-Mutter BASF bereits erhalten hat, nicht. Oder es stecken neue strategische Überlegungen seitens Moskau dahinter.  Miller betonte in Petersburg jedenfalls der Aktientausch sollte  bereits längst vollzogen sein.

Gazprom will auf diesem Wege den direkten Zugang zum deutschen Erdgas- Endverbraucher erreichen.
Miller zufolge erwägt Gazprom nun einen Strategiewechsel in Europa, schreibt die Zeitung „Wedomosti“ am Mittwoch. Die Tageszeitung mit einer ungefähren Auflage von weit über 75.000 Exemplaren hat ihren Sitz in Moskau. Die Zeitung ist ein Gemeinschaftsprojekt von Financial Times , The Wall Street Journal und des russischen Verlagshauses Independent Media Sanoma Magazines.
Der Gazprom-Chef ließ während der Tagung in St. Petersburg durchblicken, die Strategie die gesamte Wertschöpfungskette (geologische Erkundung, Förderung, Transport, Speicherung, Verteilung an Endverbraucher) auch mit ausländischen Partnern abzudecken, gehe mittlerweile nur noch teilweise auf. Miller bezeichnete Europa nicht mehr als Verbrauchermarkt. Es sei deswegen die Frage zu stellen, ob die bisherige Strategie, mit dem eigenen Unternehmen bis zum Endverbraucher zu gehen, noch beibehalten werden könne Die Gesamtstrategie müsse nicht geändert werden, aber einzelne Projekte, betonte der Chef des weltweit größten Öl- und Gaskonzerns.

Wintershall Repräsentanz in Moskau
Wintershall Repräsentanz in Moskau

Das Abkommen zum Aktientausch wurde bereits Ende 2013 unterzeichnet. Demnach sollte Wintershall 25 Prozent plus eine Aktie an zwei Blöcken der Atschimow-Formationen des Urengoj-Vorkommens bekommen. Gazprom wollte seine Anteile an der Wintershall-Tochter Wingas, WIEH und WIEE, die für den Vertrieb in Deutschland und anderen europäischen Ländern verantwortlich sind, von 50 auf 100 Prozent erhöhen. Zudem hatte es Gazprom auf Wintershall-Anteile zur Gaslagerung in Europa und eine Beteiligung bei der Gasförderung in der Nordsee abgesehen. Wintershall-Eigner BASF verschob den Deal, der Ende dieses Sommers bereits über die Bühne gehen sollte immer wieder mit Verweis auf rechtliche Schwierigkeiten auf den Herbst.
Miller deutete in St Petersburg an, dass in dem Fall, dass der Aktientausch nicht zustande käme, Wintershalls Beteiligung an Förderprojekten in Russland revidiert werden könnte. Wintershall gehören 50 Prozent am Joint Venture Achimgaz. Zudem hält die BASF-Tochter 35 Prozent am Juschno-Russkoje-Vorkommen.