Bonn beteiligt sich an Windparks in Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Borkum
Bonn beteiligt sich an Windparks in Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Borkum

Viele Stadtwerke in Not“, überschrieb der Bonner General-Anzeiger sein  Titelthe- ma auf der Wirtschafts- seite. Städte, die in moderne Gaskraft- werke investierten, blieben auf ihrem Strom sitzen, heißt es dann im Artikel weiter und es wird auch die Klage dort wiederholt die Stadtwerke schrieben Verluste mit den Anlagen , weil die Erneuerbaren Energien wie Sonnen- und Windenergie Vorrang im Netz hätten. Moderne und umweltfreundliche Gaskraftwerke blieben dann, wie auch die Stadtwerke Bonn dem Blatt bestätigten, tageweise still.

Die kommunalen Energieversorger müssen umdenken und sich auf die neue Spielart der Energiewende einrichten. In der Öffentlichkeit wurde immer wieder die Erwartung geäußert die Entwicklung ginge weg von den Energie-giganten, den riesigen Energieerzeugern und -Konzernen wie EON, RWE oder ENBW, den Monopolisten wie sie immer wieder mal abschätzig bezeichnet wurden, hin zur Dezentralität. Die kommunalen Stadtwerke erhielten neue Chancen.

Sven Becker: Sprecher der Trianel-Geschäftsführung
Sven Becker: Sprecher der Trianel-Geschäftsführung

„Stadtwerke punkten in der Energiewende durch ihre regionale Verankerung und ihre Kundennähe. Durch die zunehmende Dezentralisierung der Energieversorgung bekommen sie dabei eine immer wichtigere Rolle als Gestalter der Energiewende“, beschreibt Sven Becker, der Sprecher der Geschäftsführung der Trianel- Gesellschaft mit Sitz in Aachen aktuell in einer Verlautbarung die neue Rolle der Stadtwerke.
„Die Trianel GmbH wurde bereits 1999 mit dem Ziel gegründet, die Interessen von Stadtwerken und kommunalen Energieversorgern zu bündeln und deren Unabhängigkeit und Wettbewerbsfähigkeit im Energiemarkt zu stärken“, heißt es in einer ihrer Veröffentlichungen. Erstes Standbein der Gesellschaft war der Handel mit Energie. In den letzten Jahren, so ab 2007, kam die eigene Erzeugung hinzu.
Doch die gegenwärtige Entwicklung der Energiewende wirft auch die Frage auf, ob die Erwartungen, es ginge hin zur dezentralen Energieerzeugung und weg von den Monopolisten, gerechtfertigt sind. Der Bau riesiger Off-und On-shore- Windparks benötigt Erfahrung und sehr viel Kapital. Das Handling der erzeugten Windenergie, ihre zeitgerechte, ertragreiche Einspeisung in die Energiebörsen erfordert Erfahrung.

München: Neue Energie von Offshore
München: Neue Energie von Offshore

Das Gleiche gilt für die so erzeugte Sonnenenergie für Strom und Wärme. Hinzu kommt der Vorrang der Erneuerbaren und die Zurücksetzung der konventionellen Anlagen, mit denen bisher vorwiegend das Geld verdient wurde, erfordert Erfahrung und ,wie sich gegenwärtig an den Nöten vieler Stadtwerke zeigt, ebenfalls Kapital zum Durchhalten. Zu beobachten ist, dass sich neue Unternehmensstrukturen herausbilden, die für die den kommunalen Stadtwerken Leistungen anbieten und von ihnen übernehmen.
Der E.ON-Konzern hat bereits 2009 seine Beteiligungstochter Thüga für 2,9 Milliarden Euro an ein Konsortium verkauft das aus 49 kommunalen Versorgern besteht. Es handelt sich dabei fast durchweg um Stadtwerke an denen die Thüga davor bedeutende Minderheitsbeteiligungen zwischen 10 und 49,9 Prozent gehalten hatte. An der Erdgas-Schwaben und der Harz-Energie hatte sie sogar Mehrheits-beteiligungen gehalten. Die neue Thüga war nach dem Verkauf der fünfgrößte Stromkonzern in Deutschland, nach E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW. Den größten Teil der Thüga-Aktien haben drei Stadtwerke übernommen.
Das Konsortium, das die Thüga erworben hat bestand zu derZeit aus zwei Gruppen: Die Gruppe “Integra” umfasste mit N-Ergie (Nürnberg), Mainova (Frankfurt) und den Stadtwerken Hannover die drei potentesten kommunalen Versorger aus dem Beteiligungsbereich von E.ON. Zusammen hat die Integra-Gruppe insgesamt auf 62,25 Prozent übernommen. Untereinander sind sie durch einen Konsortialvertrag verbunden.
Den Rest von 37,75 Prozent haben 46 mittlere und kleine Stadtwerke übernommen. Sie haben sich unter Führung der südbadischen Badenova in der “KOM9” zusammengeschlossen. Auch hier handelt es sich, mit Ausnahme der baden-württembergischen Stadtwerke Singen,um bisherige Beteiligungsunternehmen des E.ON-Konzerns.

Markus Spitz, Geschäaftsführer der Thüga
Markus Spitz, Geschäftsführer der Thüg Energie GmbH

Die Thüga AG ist inzwischen Kern des deutschlandweit größten kommunalen Netzwerks lokaler und regionaler Energieversorger, die vor Ort mit ihrem eigenen Namen auftreten. Die Thüga AG koordiniert und moderiert gemeinsame Projekte für die Gruppe und steuert die Zusammenarbeit. Jeder Partner profitiert von diesem gebündelten Know-How. Auf der website der Thüga AG ist zu lesen, dass das Schwesterunternehmen Thüga Energienetze GmbH dafür zuständig ist, dass das, „womit wir Sie versorgen, sicher durch das Netz bei Ihnen ankommt – Erdgas, Strom oder Wärme.
Etwa 215 Mitarbeiter kümmern sich um Betrieb und Wartung von 5.271 km Erdgas- und 951 km Stromleitungen. Das Netz erstreckt sich über die Regionen Hegau, westl. Bodensee, Allgäu, Oberschwaben, Rheinhessen und Pfalz.
Als die führende Stadtwerkekooperation in Europa bezeichnet sich inzwischen die TRIANEL mit Sitz in Aachen. Die Gesellschaft „steht für die gebündelten Kräfte eines großen Netzwerks unabhängiger Stadtwerke“, ist auf ihrer Website zu lesen.
Dem Ziel „Leistung im Netzwerk zu bündeln“, folgen mittlerweile fast 60 Gesellschafter, insgesamt etwa hundert Partner aus dem kommunalen Bereich. Zusammen versorgen sie bereits über sechs Millionen Menschen in Deutschland, den Niederlanden, Österreich und der Schweiz. Damit bezeichnet sich Trianel als das führende Stadtwerke-Netzwerk in Deutschland und Europa.

Aachen: Trianel-Sitz
Aachen: Trianel-Sitz

Rund 300 Mitarbeiter wirken, laut eigener Aussage, bei der Unterstützung der Stadtwerke bei ihren Versorgungsaufgabe mit. So sind im Energiehandel und in der Beschaffung gezielt Interessen gebündelt und Synergien genutzt worden. Im Laufe der Jahre wurden auch systematisch neue Geschäftsfelder aufgebaut. Neben der Energiebeschaffung ist Trianel in der Energieerzeugung, im Energiehandel, der Gasspeicherung, aber auch in der Beratung von Stadtwerken aktiv.
„Völlig unabhängig von ihrer Größe entwickeln sich Stadtwerke immer mehr vom traditionellen Versorger zu einem Energiedienstleister und können sich als erste Ansprechpartner für Energiefragen positionieren“, beschreibt Becker die neue Rolle der Stadtwerke weiter. Trianel hat deshalb für ihre Gesellschafter und Partner vier Regionalbüros eingerichtet und mit einem Vertriebsteam ausgestattet das sich als Problemlöser für die spezifischen Anforderungen der Stadtwerke im Rahmen der Energiewendeversteht, so Becker weiter. So will die Stadtwerke-Kooperation nun regionale und kommunale Versorger auf dem Weg zum Energiedienstleister und Manager einer dezentralen Versorgung direkt vor Ort unterstützen.

„Der Aufbau unseres Regionalvertriebs ist eine konsequente Weiterentwicklung unserer Strategie, die Bedürfnisse der kleinen und mittleren Kommunalversorger noch besser zu bedienen“, erklärt Becker den Schritt. Gemeinsam mit den Stadtwerken werden in den Trianel Netzwerken neue Geschäftsmodelle entwickelt, um Stadtwerke beim Aufbau von Energiedienstleitungen zu unterstützen. Mit den White-Label-Produkten EnergieDach und EnergieBlock oder der Smart Metering Plattform sind bereits erste Produkte im Markt. „Unser vierköpfiges Regionalteam hilft Stadtwerken , neue Geschäftsmodelle zu erkennen, zu erklären und beim Kunden zu verankern“, so Becker.

„Da die Bedürfnisse von Stadtwerken je nach Größe und Charakter der Versorgungsgebiete sehr unterschiedlich sind, hat Trianel in den letzten Monaten auch ihre Strom- und Gasprodukte im Portfoliomanagement differenziert“, so der Trianel-Chef weiter. Damit habe der Vertrieb der Gesellschaft auch im Beschaffungssegment für alle Kunden die richtigen Produkte im Angebot.
Ein weiterer ähnlicher Dienstleister ist das Stadtwerke-Konsortium Rhein-Ruhr (SWKRR). Es bezeichnet sich als „ein Versorger-Netzwerk bestehend aus selbständigen Stadtwerke-Unternehmen mit dem Ziel, durch Kooperation Synergien zu nutzen und neue Geschäftsfelder zu erschließen.“ Das Konsortium hat jetzt für 570 Mio Euro die letzten 49 Prozent des Essener Energiedienstleister und Steinkohleverstromers Steag übernommen. 51 Prozent hatte die Gesellschaft schon vor drei Jahren für 650 Mio Euro übernommen. Zu ihren Kernkompetenzen zählt die Steag „die Planung, Realisierung und der Betrieb sowohl von Großkraftwerken als auch von dezentralen Anlagen sowie die kraftwerksbasierte Stromvermarktung. Grundlage für die Energieerzeugung sind sowohl fossile Brennstoffe als auch – seit bereits über einem Jahrzehnt – erneuerbare Energien“, heißt es auf ihrer Internetseite. Und verweist dort darauf, dass sie und ihre Tochtergesellschaften „bereits seit vielen Jahren … eng mit kommunalen Energieversorgern zusammenarbeitet. So begleiten unsere Ingenieure vielfach Erzeugungsprojekte von Stadtwerken.“ Und auch im Bereich der dezentralen Strom- und Wärmeerzeugung arbeitet die STEAG laut eigener Darstellung mit Stadtwerken bzw. Städten und Gemeinden in vielen Gemeinschaftsunternehmen partnerschaftlich zusammen. Die Steag betreibt acht konventionelle Kraftwerke die den neuen Bedingungen im Zusammenhang mit der Energiewende angepasst werden sollen. Die Gesellschaft ist aber auch noch im Atomentsorgungsgeschäft verankert.
Nun soll aber die erneuerbare Stromproduktion ausgebaut werden. Insgesamt soll sich das Unternehmen zum kommunalen Erzeugungs-, Handels- und Dienstleister weiter entwickeln und dabei kommunale Kooperationen eingehen.

München: Neue Energie von Offshore
München: Neue Energie von Offshore

Stadtwerke die wenig Erfahrung beim Aufbau neuer, größerer Strukturen für die Nutzung neuer Energien, wie zum Beispiel die Errichtung größerer Offshore-Windparks haben, werden mehr und mehr auf Kooperationen angewiesen sein. Die können sich zu neuen Großgebilden entwickeln in denen bei wachsender Zahl der beteiligten Stadtwerkegesellschaften das einzelne Stadtwerk weniger unternehmerischen Einfluss haben wird.
Die Steag AG, erfahren im Windgeschäft in der Türkei hat im April erste von insgesamt 18 Windkraftenergieanlagen (WEA) im brandenburgischen Ullersdorf ans Netz gebracht. Die STEAG New Energies (SNE) errichtet hier derzeit einen Windpark mit einer Gesamtleistung von 43,2 Megawatt. Die Anlagen wurden bisher in Eigenregie errichtet und betrieben. Künftig sollen mehrere Stadtwerke daran beteiligt werden.