Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hier beim Treffen der  G / Energieminister, Bild BMWI
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hier beim Treffen der G / Energieminister, Bild BMWI

Wie Bundeswirtschaftminister Siegmar Gabriel selbst die Ergebnisse des Energiegipfels vor Tagen im Kanzleramt bewertet möchten wir Ihnen nicht vorenthalten:

“Bislang liegen wir bei der Umsetzung der Energiewende voll im Zeitplan unserer 10-Punkte –Energie-Agenda Nach langen Verhandlungen ist es uns gestern Abend gelungen, nun auch den gordischen Knoten bei den dringend anstehenden Entscheidungen zu lösen.

Wir können sogar sagen, wir haben ein historisches Paket für die Energiewende und die wirtschaftliche Zukunft unseres Landes geschnürt. Jetzt kann es zügig vorangehen. Mit dem von mir vorgelegten Maßnahmenpaket stellen wir die Weichen für eine erfolgreiche Energiewende, bringen Struktur hinein und machen sie für alle Akteure planbar.

Wir stehen zu unseren nationalen Klimazielen …

...und stellen zugleich sicher, dass sie mit ökonomisch und sozial verträglichen Lösungen erreicht werden können.

Wir werden hierzu Braunkohlekraftwerke in eine Kapazitätsreserve überführen und anschließend schrittweise stilllegen. Wir werden die KWK auf die Ziele der Energiewende ausrichten, den Ersatz von Kohle durch Gas-KWK fördern und eine Perspektive für einen moderaten Ausbau eröffnen. Dafür stocken wir die KWK-Förderung von heute 0,5 Mrd. Euro auf 1,5 Mrd. Euro auf. Das hilft den Stadtwerken und dem Klimaschutz. Darüber hinaus ergreifen wir zusätzliche Maßnahmen, um die Potenziale im Bereich der Energieeffizienz stärker zu heben.

Erdkabel vor Freileitungen
Schließlich ist es uns auch beim wichtigen Thema Netz- ausbau gelungen, einen großen Schritt voranzukommen.

Stromnetze: Mehr Schutz vor Hackerangriffen aus dem Dunklen
Stromnetze: Mehr Schutz vor Hackerangriffen aus dem Dunklen

Der Netzausbau ist dringend notwendig und derzeit ein Engpass der Energiewende. Wir nehmen die Sorgen der Menschen beim Ausbau der Freileitungen ernst und passen deshalb den Netzausbau an: Von nun an bekommen bei neuen Gleichstrom- trassen Erdkabel den Vorrang vor Freileitungen.”
Ergänzende Informationen zum Inhalt der Einigung:
Klimaschutz: Das nationale Klimaschutzziel von 40 % Reduktion der CO2-Emissionen bis 2020 steht. Um die zusätzlichen 22 Mio. t CO2 bis 2020 insbesondere im Stromsektor zu erbringen, wurden unterschiedlichen Handlungsoptionen und ihre Auswirkungen auf die Unternehmen und ihre Beschäftigten ausgiebig konsultiert. Der Minderungsbeitrag von 22 Mio. t CO2 soll durch eine Kombination verschiedener Maßnahmen erbracht werden kann. Die Alternative zur Einführung des Klimabeitrags sieht vor:
o Braunkohlekraftwerksblöcke in einem Umfang von 2,7 GW (dies entspricht 13 % der installierten Braunkohleleistung) werden schrittweise in eine Kapazitätsreserve überführt und dann nach 4 Jahren stillgelegt.
o Ergänzend zur Kapazitätsreserve sagt die Braunkohlewirtschaft verbindlich zu, eine gegebenenfalls notwendige zusätzliche Minderung in Höhe von 1,5 Mio. t CO2 pro Jahr ab 2018 zu erbringen. In welcher rechtlichen Form dies umgesetzt wird, ist noch zu entscheiden.
o Die Zielerreichung im Rahmen der Kapazitätsreserve wie auch die Umsetzung der Zusage der Braunkohlewirtschaft wird im Rahmen des Monitoring im Jahr 2018 überprüft.
o Durch die Reform des KWK-Gesetzes leistet die Kraft-Wärme-Kopplung einen zusätzlichen Minderungsbeitrag von 4 Mio. t CO2. Dieser Minderungsbeitrag kommt hauptsächlich vom Ersatz bestehender Steinkohle-KWK-Anlagen durch Gas-KWK und die moderate Neubauförderung.
o Die verbleibenden 5,5 Mio. t CO2 werden ab 2016 durch Effizienzmaßnahmen im Gebäudebereich, in den Kommunen, in der Industrie sowie im Schienenverkehr erbracht und aus öffentlichen Mitteln über den Energie- und Klimafond (EKF) mit jährlich bis zu 1,16 Mrd. Euro bis 2020 finanziert.
• Strommarkt und Versorgungssicherheit: Wir machen den Strommarkt fit für die Energiewende. Mit der Grundsatzentscheidung für einen Strommarkt 2.0 garantieren wir Versorgungssicherheit zu möglichst geringen Kosten. Im Weißbuch wird der Strommarkt 2.0 ausbuchstabiert.
• Kapazitätsreserve als zusätzliche Absicherung: Die Kapazitätsreserve sichert den Strommarkt 2.0 ab, wie der Hosenträger einen Gürtel. Denn Versorgungssicherheit ist ein hohes Gut für ein Industrieland wie Deutschland.Vorläufig werden einige Braunkohlekraftwerke in die Reserve gehen und anschließend stilllegen. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und unterstützen einen sozial und ökonomisch verträglichen Strukturwandel.
• Kraft-Wärme-Kopplung: Stadtwerke sind wichtige Akteure der Energiewende. Ihre KWK-Anlagen rechnen sich unter den niedrigen Börsenpreisen für Strom nur schwer. Wir werden den in ihrer Existenz gefährdeten Bestandsanlagen helfen, die Umstellung von kohle- auf gasgefeuerte KWK fördern und auch beim Neubau die Fördersätze maßvoll anheben. Damit geben wir der KWK eine Perspektive, ohne dass die Kosten aus dem Ruder laufen.
• Netzausbau: Der Netzausbau ist der Engpass der Energiewende. Viele Bürgerinnen und Bürger haben Sorgen vor dem Ausbau der Freileitungen. Wir nehmen die Sorgen sehr ernst. Von nun an bekommen bei neuen Gleichstromtrassen Erdkabel den Vorrang vor Freileitungen. Das ändert nichts am grundsätzlichen Ausbaubedarf, insbesondere vom Norden in den Süden. Es geht darum, dass günstiger Strom aus erneuerbaren Energien im Norden muss auch zu den Stromverbrauchern im Süden unseres Landes kommt.
• Atomrückstellungen: Die Verantwortung für die Kosten des Rückbaus der Kernkraftwerke und die Entsorgung der radioaktiven Abfälle liegt bei den Energieversorgungsunternehmen. Wir werden sicherstellen, dass dies auch in Zukunft gewährleistet ist. In einem ersten Schritt führen wir einen Stresstest durch, um die

Wird Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel  Wir werden die Betreiber von AKW's in die Verantwortung nehmen
Wird Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel Wir werden die Betreiber von AKW’s in die Verantwortung nehmen

Rückstellungen zu bewerten. In einem zweiten Schritt werden wir noch in diesem Jahr eine gesetzliche Rege- lung beschließen, um einer möglichen Verkleinerungen des Haftungsvermögens entgegenzuwirken. Schließlich setzen wir eine Kommission ein, die bis Ende November 2015 Empfehlungen erarbeitet, wie die Finanzmittel für Rückbau und Entsorgung der radioaktiven Abfälle langfristig gesichert werden können.

Klimaabgabe ist vom Tisch

Die Klimaabgabe und damit ein für die ganze Branche höchst problematisches und von vielen kritisiertes Instrument ist vom Tisch.

Mit der Entscheidung für eine Kraftwerksreserve vermeidet die Bundesregierung die befürchteten Strukturbrüche. Die langfristigen Grundlagen für ein neues Strommarktdesign werden mit den nun vorliegenden Vorschlägen allerdings aus Sicht der Energiewirtschaft nicht ausreichend gelöst – so fehlt insbesondere für moderne und effiziente Gaskraftwerke weiterhin eine ausreichende wirtschaftliche Perspektive. Aufgrund der monatelangen Diskussionen über die Reduktion von 22 Millionen Tonnen CO2 wurde wertvolle Zeit verloren. Mit den Beschlüssen besteht jetzt endlich wieder die Chance, aber auch die Aufgabe, den Blick nach vorn auf ein Gesamtkonzept Energiewende und Klimaschutz zu richten.

Wie erreichen wir die europaweiten Klimaziele?

Wir müssen jetzt so schnell wie möglich über die Zeit nach 2020 reden:

Wie erreichen wir die europaweiten Klimaziele, die wir uns für 2030 und darüber hinaus vorgenommen haben, ohne dass erneut energie- und industriepolitische Grabenkämpfe drohen? Bundeswirtschaftsminister Gabriel hat unseren Aufruf zu einem Dialog über diese Frage auf dem BDEW-Kongress aufgegriffen. Unser Angebot, konstruktiv und strukturiert über den Beitrag des Kraftwerkssektors zu den Klimazielen zu reden, steht. Dieser Dialog sollte so schnell wie möglich starten. Dabei muss der Gesellschaft insgesamt klar sein: Die Energiewende ist nicht zum Nulltarif zu haben. Wir werden für die Erreichung der energie- und klimapolitischen Ziele weiter erhebliche Mittel aufwenden müssen.

Bei allen diesen Fragen dürfen die zwei Kriterien nicht vergessen werden: Die Sicherheit und die Bezahlbarkeit der Energieversorgung.

Wir sind weiterhin der Überzeugung, dass eine alleinige Reform des bestehenden Strommarktes nicht ausreicht, um dauerhaft genügend Kraftwerkskapazitäten in Reserve zu halten, die in Knappheitssituationen jederzeit zur Verfügung stehen. Unser Vorschlag hierzu liegt auf dem Tisch: Der BDEW plädiert weiterhin für den dezentralen Leistungsmarkt.

Die Parteivorsitzenden haben gestern auch eine stärkere Förderung der effizienten und klimaschonenden Kraft-Wärme-Kopplung beschlossen.

Dies geht zwar in die richtige Richtung. So wurde eine zentrale Forderung des BDEW, nämlich die Sicherung des Anlagenbestandes, durch das Bundeswirtschaftsministerium übernommen. Allerdings sollte diese Unterstützung auch die (zu einem großen Teil in kommunalem Besitz befindlichen) Kohle-KWK-Anlagen erhalten. Jede KWK-Anlage, auch die kohlegefeuerte, führt zu einer CO2-Einsparung. Die Vorschläge reichen auch noch nicht aus, um den Neubau von KWK-Anlagen ausreichend anzureizen. Das Bundeswirtschaftsministerium vergibt damit die Chance, die durch KWK auch langfristig und im Zusammenspiel mit der Energiewende und dem Erneuerbaren-Ausbau erschließbaren Potenziale zur Flexibilisierung des Energieversorgungssystems und zur Integration der Erneuerbaren effizient zu nutzen.

Der gestern erzielte Kompromiss zum Netzausbau ist ein allenfalls durchwachsenes Ergebnis:

Es ist gut, dass sich Bayern endlich zu einer konstruktiveren Haltung zum dringend notwendigen Netzausbau durchgerungen hat. Es sollte sich jedoch niemand täuschen: Mehr Erdverkabelung bedeutet deutlich höhere Netzkosten, die letztlich von den Verbrauchern getragen werden müssen. Zugleich besteht die Gefahr weiterer Verzögerungen, da Trassen teilweise neu geplant werden müssen. Verzögerungen beim Netzausbau können wir uns jedoch nicht mehr leisten. Insgesamt bleibt zu hoffen, dass die Akzeptanz für den dringend benötigten Leitungsausbau steigt.

Die Beschlüsse zur deutlichen Erhöhung der Förderung im Bereich Energieeffizienz sehen wir grundsätzlich positiv. Damit können auch dringend notwendige Impulse im Wärmemarkt gesetzt werden. Hier wird es jetzt aber – wie bei der Umsetzung der Maßnahmen aus dem Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz (NAPE) – auf die konkrete Ausgestaltung der geplanten Vorhaben kommen. Positiv bewertet der BDEW, dass die Koalition den Ansatz der steuerlichen Förderung gegenüber Zuschussregelungen vorzieht.

Insgesamt bleibt festzuhalten: Die Beschlüsse weisen zwar in die richtige Richtung. Keine der zentralen Fragen zur Energie- und Klimapolitik wurde jedoch abschließend beantwortet. Zudem kommt es in der Umsetzung nun sehr auf die konkrete inhaltliche und rechtssichere Ausgestaltung an.

Es wartet weiter ein hartes Stück Arbeit auf Politik, Energiewirtschaft und Gesellschaft. Der BDEW wird sich weiter mit konstruktiven Vorschlägen für ein Gelingen der Energiewende einsetzen. Wir stehen für einen offenen und konstruktiven Dialog zu diesen Fragen zur Verfügung.”