Bundesumweltministerin Barbara Hendricks nach ihrer Pressekonferenz zum Nationalen Entsorgungskonzept:  Von Reportern umringt und mit Fragen gelöchert
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks nach ihrer Pressekonferenz zum Nationalen Entsorgungskonzept: Von Reportern umringt und mit Fragen gelöchert; Bild BMUB

Das sogenannte Nationale Entsorgungsprogramm für deutschen Atommüll muss die Bundesregierung bis zum 23. August bei der Europäischen Kommission vorliegen. Auf Vorschlag von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks hat das Kabinett gestern, am 12 August, ein umfassendes Konzept zur Entsorgung aller radioaktiven Abfälle beschlossen. Anschließend stellte sich Hendricks der Presse.
Als Grundlage für die Erstellung dieses Nationalen Entsorgungsprogramms hat das Bundesumweltministerium, so Hendricks, erstmals eine Gesamtdarstellung erarbeitet, die allen absehbaren und potentiellen Atommüll beinhalten soll, der entsorgt werden muss.
Dem Kabinettsbeschluss ging der Ministerin zufolge eine Strategische Umweltprüfung unter Beteiligung der Öffentlichkeit voran. In diesem Rahmen konnten Bürgerinnen und Bürger sowie Behörden zum Entwurf Stellung nehmen. Das Programm wird jetzt bis zum 23.Augustder EU-Kommission vorgelegt.
Die Ministerin stolz: “Mit dem Entsorgungsprogramm schaffen wir Transparenz und eine belastbare, solide gerechnete und ungeschönte Planung für die Entsorgung des Atommülls. In den Stellungnahmen der Bürgerinnen und Bürger sind insbesondere Bedenken gegen eine Erweiterung der Schachtanlage Konrad geäußert worden.

Diese Bedenken haben wir sehr ernst genommen

Barbara Hendricks: Diese Bedenken haben wir sehr ernst genommen ...
Barbara Hendricks während der Pressekonferenz: Diese Bedenken haben wir sehr ernst genommen …

Diese Bedenken haben wir sehr ernst genommen und nach der Auswertung der Stellungnahmen in die Überarbeitung des Entwurfs einbezogen. Es war mir ein besonderes Anliegen, die Interessen der Bevölkerung vor Ort aufzunehmen und sich nicht darüber hinwegzusetzen. Das ist praktizierte Bürgerbeteiligung.”
Mit dem Beschluss des Nationalen Entsorgungsprogramms stelle sich, so Hendricks, die Bundesregierung „damit insbesondere der Verantwortung“, das bisher ungelöste Problem der Atommüllentsorgung ernsthaft anzugehen und nicht zukünftigen Generationen zu überlassen.
Hinsichtlich der Abfälle aus der Schachtanlage Asse II und der eventuell endzulagernden Abfälle aus der Uran- Anreicherung in Gronau heißt es in dem Entsorgungsprogramm, diese sollten bei der Standortsuche für das Endlager für insbesondere hoch radioaktive Abfälle berücksichtigt werden. Hendricks: “Schacht Konrad scheidet nicht mit endgültiger Gewissheit aus. Aber ich habe klar die Richtung vorgegeben. Eine Erweiterung von Konrad wollen wir auf diese Weise vermeiden.”

Aktuelles Verzeichnis aller atomaren Abfälle

Im Entwurf des Nationalen Entsorgungsprogramms waren das Endlager Konrad und das Endlager für hochradioaktive Abfälle noch als gleichwertige Optionen für die Asse-Abfälle und Urantails vorgesehen.
Als Grundlage des Nationalen Entsorgungsprogramms dient ein „aktuelles Verzeichnis“, das alle Arten radioaktiver Abfälle umfasst, die in Deutschland endgelagert werden sollen. Das soll sowohl den hoch radioaktiven Atommüll wie die abgebrannten Brennelemente aus den Atomkraftwerken und zurückgeführte Abfälle aus der ausländischen Wiederaufarbeitung als auch schwach- und mittelradioaktive Abfälle aller Art einschließen. Zudem enthält das Verzeichnis eine Prognose über die zu erwartende Menge der radioaktiven Abfälle, die bis 2080 anfällt. 26.01.15 Strahlende Altlast
Die erwarteten Mengen an radioaktiven Abfällen sind im Nationalen Entsorgungsprogramm detailliert aufgeführt. Dabei handelt es sich um:
• rund 10.500 Tonnen Schwermetall in Form von bestrahlten Brennelementen aus dem Betrieb der Atomkraftwerke (diese Masse wird in rund 1100 Behältern in der Regel der Bauart CASTOR®V aufbewahrt),
• rund 300 Behälter mit hoch- und mittelradioaktiven Abfällen aus der Wiederaufarbeitung bestrahlter Brennelemente im europäischen Ausland sowie
• rund 500 Behälter mit bestrahlten Brennelementen aus dem Betrieb von Forschungs-, Entwicklungs- und Demonstrationsreaktoren. (Lesen Sie dazu auch unseren Bericht: Strahlende Altlast, siehe unten*)
Zusätzlich werden rund 600.000 Kubikmeter schwach- und mittelradioaktive Abfälle eingeplant. Dies umfasst insbesondere erwartete radioaktive Abfälle aus dem Betrieb und Rückbau der Atomkraftwerke, aber auch radioaktive Abfälle aus Industrie, Medizin und Forschung. Außerdem sind derzeitige Schätzungen zur Abfallmenge aus der Schachtanlage Asse II berücksichtigt. Die dort eingelagerten Abfälle sollen zurückgeholt werden, es wird von einem Volumen in einer Größenordnung von 200.000 Kubikmeter ausgegangen. Des Weiteren ist in dieser Schätzung auch eine Menge von 100.000 Kubikmeter von Abfällen aus der Urananreicherung vorsorglich eingeplant, die entsorgt werden müssen, sofern diese nicht verwertet werden.

Zwei Standorte für die Endlagerung
Für die Endlagerung der radioaktiven Abfälle sieht das Konzept des Bundesumweltministeriums zwei Standorte vor: das bereits genehmigte Endlager Konrad für vernachlässigbar Wärme entwickelnde Abfälle und einen noch festzulegenden Standort für insbesondere hoch radioaktive Abfälle.

Das BMUB hält eine zügige Inbetriebnahme von Schacht Konrad für unverzichtbar.
Das Nationale Entsorgungsprogramm in Sachen Atommüll steht allerdings noch unter Vorbehalt. Es stehen noch Empfehlungen der eingesetzten Endlagerkommission aus. Die Kommission soll ihren Bericht zum Auswahlverfahren für einen Endlagerstandort spätestens im Sommer 2016 vorlegen.
* Zu den Castorbehältern mit hoch radioaktivem Abfall aus dem Forschungsreaktor AVR-Jülich berichteten wir am 12.08.15; lesen Sie dazu: Strahlende Altlast