Gemeinsame Interessen zwischen der tschechischen VEMEX und Gazprom? Hier der Sitz des russischen Staatskonzerns Gazprom in Moskau
Gemeinsame Interessen zwischen der tschechischen VEMEX und Gazprom? Hier der Sitz des russischen Staatskonzerns Gazprom in Moskau

Tschechien hat das kollektive Verlangen osteuropäischer EU-Staaten nach einem Baustopp der Gaspipeline Nord Stream 2 überraschend nicht unterstützt. Beweggrund könnten gemeinsame Interessen des tschechischen Gasversorgers VEMEX und des russischen Gasgiganten Gazprom sein.
Hugo Kyselka, Topmanager des tschechischen Gasversorgers Vemex, sieht hinter dieser Entscheidung nicht nur Wirtschaftsinteressen, sondern auch ein schlechtes Gewissen, interpretiert die russische Nachrichten-Agentur Sputnik news das Verhalten der tschechischen Seite.08.12.15 Nord Stream, Bild Grigorij Syoew

Der Ausbau der Ostsee-Pipeline Nord Stream werde vor allem der deutschen Wirtschaft kräftige Impulse verleihen, sagte Kyselka in einem Gespräch mit Sputnik. Das werde sich wiederum positiv auf die tschechische Wirtschaft auswirken, die eng mit Deutschland verbunden ist. Nach dem Ausstieg aus der Atomenergie werde Deutschland immer mehr Energie benötigen. Das russische Erdgas sei die einzige Quelle, um diesen Bedarf zu decken.

Nicht nur wirtschaftliche Gründe
Aber nicht nur wirtschaftliche Beweggründe waren laut Kyselka das Motiv, warum Tschechien seine Unterschrift gegen Nord Stream 2 verweigert hat.

„Als Brüssel das Pipelineprojekt South Stream zerstörte, erfolgte von unserer Seite kein Protest. Nun hat Tschechien, so schätze ich, Gewissensbisse, weil Russland dieses hervorragende Projekt

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aufgeben musste.“
„Nord Stream 2 ist auch deshalb notwendig, weil der Gastransit durch die Ukraine mit zunehmenden Risiken behaftet ist“, so der Experte weiter. Weder Flüssigerdgas (LNG) noch Gas aus Norwegen wären da eine Lösung. „Mit Blick auf den Preis hat russisches Erdgas in Europa keine Alternative.“
Der russische Lieferant Gazprom und seine europäischen Partner (E.On, BASF-Tochter Wintershall, OMV, Shell, Engie) hatten sich Anfang September auf den Bau einer zweiten Gaspipeline durch die Ostsee direkt von Russland nach Deutschland abseits der instabilen Ukraine geeinigt. Die Jahresleistung ist mit 55 Milliarden Kubikmetern geplant.

Der urkainische Premier Jazenjuk und Kanzlerin Angela :Merkel im Gespräch im Bundeskanzleramt, anläßlich des unkrainisch-deutschen Wirtschaftsforums, Schon da beklagte sich der Präsident über mögliche Verluste durch Nord-Stream Bild Bundespresseamt, Fotogr.Guido Bergmann
Der ukrainische Premier Jazenjuk und Kanzlerin Angela :Merkel im Gespräch im Bundeskanzleramt, anläßlich des unkrainisch-deutschen Wirtschaftsforums: Schon da beklagte sich der Präsident über mögliche Verluste durch Nord-Stream; Bild Bundespresseamt, Fotogr.Guido Bergmann

Das Projekt, das Deutschland zum größten Gasverteiler in Europa machen soll, stößt bei osteuropäischen Staaten, in erster Linie bei der Ukraine, auf scharfe Kritik. Bislang nutzt die Kiewer Regierung den Transitstatus zum Verdienen und als Druckhebel gegen Russland. Laut Premier Arseni Jazenjuk würden Kiew durch die neue Pipeline zwei Milliarden Dollar Transiteinnahmen entgehen. Am gestrigen Montag hatte Jazenjuk die Europäische Union aufgefordert, das Projekt zu blockieren.
In Tschechien selbst konkurrieren das vom russischen Gasgiganten Gazprom gesteuerte tschechische Unternehmen VEMEX und RWE mit seinen dort seit 2002 tätigen Gas- und Stromgesellschaften. VEMEX erhält angeblich dort andere Preise für geliefertes Gas als das RWE, das ebenfalls von Gazprom beliefert wird. In Brüssel wird unter anderem auch deswegen immer noch eine Kartellklage gegen Gazprom geprüft.