Gas: Wenn ich es mir aussuchen könnte woher wir Energie beziehen …
Der geplante Bau der neuen Gaspipeline Nord-Stream 2 lässt die Wellen in Europa hoch schlagen. Die starken Geräusche haben die USA erreicht, die ihr eigenes
Energie-Süppchen mit Europa kochen möchten. Ein Blick zurück lohnt: Im Herbst 1973, mitten im Kalten Krieg, strömte erstmals sowjetisches Gas in die Bundesrepublik. Es war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft, schrieb die ZEIT am 10. Oktober 2013 rückblickend.
Es lohnt ein Blick auf den, der das erste Gasgeschäft mit den „Sovjets“, wie Kanzler Konrad Adenauer seinerzeit sie immer nannte, eingefädelt hatte: Willy Brandt, seinerzeit Außenminister von 1969 bis 1972 unter Kanzler Kiesinger (CDU). Im Spiegel-Gespräch, am 28. Mai 1973 erschienen, das Spiegel-Chef Rudolf Augstein und der Leiter des damaligen Hauptstadtbüros des Spiegel, Erich Böhme mit Brandt führten, der inzwischen zum Kanzler avanciert war, trugen die Spiegel-Redakteure Brandt vor:
„Ihr ehemaliger Staatssekretär im Verteidigungsministerium, der jetzige Krupp-Vorsitzer Ernst-Wolf Mommsen, hält es für realistisch, dass die Bundesrepublik in absehbarer Zeit zehn Prozent ihre Energiebedarfs aus sowjetischen Quellen deckt. „ Und dann fragten sie Brandt: „Ist dieser Vorteil nicht angesichts unserer Energiesorgen schon Zugeständnis beim Zins wert.“ Augstein und Böhme spielten mit dem Hinweis auf den Zins darauf an, dass die Sowjetunion billige Devisen als Entgelt gegen die Gaslieferungen benötigte.
Brandt antwortete seinerzeit: Wenn mir die Frage von meinem sowjetischen Gesprächspartner ( Breschnew d. Red) nicht gestellt worden ist, warum muss ich sie dann überhaupt beantworten? Wir haben ja schon ein interessantes Erdgasgeschäft gemacht. Dessen Start habe ich noch mit beeinflusst, als ich Außenminister war. Jetzt beginnen bald die Lieferungen.
Böhme und Augstein wollten von Brandt auch noch wissen. „ Grundsätzliche Bedenken, dass eine Abhängigkeit von Energie-Lieferungen aus dem Ostblock der Bundesrepublik politisch oder strategisch schaden könnte haben Sie nicht?“
Brandt antwortete darauf: „ Wissen Sie, wenn ich mir aussuchen könnte, aus welchen ruhigen Gegenden der Welt wir Energie beziehen könnten“, er sinnierte dann ein wenig und erklärte auf die Nachfrage der beiden Redakteure: Sie finden keine ruhige Gegend? „ … so schön ist die Welt nicht, und wir haben nicht die Wahl.“
Heute bezieht Deutschland rund vierzig Prozent seines Gasbedarfs aus Wladimir Putins Reich. Seit über vierzig Jahren
lieferten zunächst die Sowjetunion und dann Russland ohne Unterbrechung den Energierohstoff. Und nun schlagen die Wellen hoch, weil eine weitere Gaspipeline von Russland, direkt nach Deutschland gebaut werden soll.
Schreibe einen Kommentar