Deutsch-russische Energieallianz gegen polnische Interessen?
Die jüngste Erklärung eines polnischen Regierungssprechers, die russisch-deutsche Kooperation im Energiebereich würde den Interessen Warschaus
widersprechen, ist politisch bedingt und zeugt nur von dessen Ansprüchen in der europäischen Arena, behauptet der Experte vom Zentrum für Analyse von Strategien und Technologien, Andrej Frolow, gegenüber dem russischen Wirtschafts- Portal rueconomics und wird damit am Mittwoch, 30. August, von der von Moskau gesteuerten Nachrichten-Agentur Sputnik-news zitiert
Der für die strategische energetische Infrastruktur zuständige Sprecher des polnischen Ministerkabinetts, Piotr Naimski, hatte zuvor behauptet, die Beziehungen Moskaus und Berlins in der Gasbranche widersprächen den Interessen seines Landes. Denn dabei gehe es um die Festigung der Dominanz des russischen Energiekonzerns Gazprom, den er als „Instrument der russischen Politik in der mitteleuropäischen Region“ bezeichnete. Deswegen müsse Polen nach anderen Gasquellen suchen.
„Europas Flüssiggasdepots können aktuell 231 Milliarden Kubikmeter empfangen, und dieser Umfang wäre groß genug, um auf das russische Gas ganz zu verzichten. In Wahrheit aber sind diese Behälter zu weniger als 20 Prozent gefüllt“, zitiert das rueconomics -Portal den Experten Frolow. „Alle verstehen, dass das russische Gas viel günstiger als das ist, das mit Tankschiffen transportiert wird. Und nur Warschau redet ständig von irgendwelchen energetischen Interessen der EU und von ‚Gazproms Dominanz‘ in Europa.“
Dasselbe gelte auch für die Leitung „Baltic Pipe“ über Dänemark nach Norwegen, deren Bau Polen plane, sagte der Experte weiter. „Norwegen wird bald die Gasförderung
auf seinem Territorium reduzieren müssen, aber Warschau versucht stur, die EU von der Notwendigkeit der neuen Pipeline zu überzeugen. Dabei will es die Bauarbeiten nicht selbst finanzieren und besteht darauf, dass die Kosten die EU übernehmen sollte,“ so Frolow.
Unter den Initiativen zur Förderung der Energiesicherheit Polens hatte Naimski den Ausbau eines LNG-Terminals in Świnoujście von den aktuellen fünf auf 7,5 Milliarden Kubikmeter pro Jahr erwähnt.
Polen verbraucht laut dem Portal 16 Milliarden Kubikmeter Gas jährlich, davon fördert es nur fünf Milliarden selbst. Den Rest kauft Warschau größtenteils bei Gazprom ein. Außerdem importiert es aus politischen Gründen Flüssiggas aus Katar und den USA.
Dabei kündigten die polnischen Behörden an, bis 2022 neue Gasquellen zu finden, wenn der aktuelle langfristige Vertrag mit Gazprom auslaufe.
„Diese Erklärung wurde für das Publikum in Polen gemacht, aber die Medien verbreiteten sie auf einmal weltweit. Deshalb mussten die Behörden präzisieren: Sie wollen künftig kurzfristige Verträge abschließen und sich an den Preisen der Gaslieferanten orientieren“, so Experte Frolow weiter. „In Warschau versteht man immerhin: Man könnte auf den russischen Brennstoff sogar vollständig verzichten, doch das wäre eine wirtschaftliche Affäre, die zu riesigen Verlusten führen könnte.“
Dabei ist Polen eines der drei Länder Europas, die auf ihrem Territorium Kohle fördern. Dementsprechend ist die nationale Wirtschaft vor allem auf diesen Brennstoff „eingestellt“. Doch im Sinne von diversen Umweltabkommen sollte Warschau auf die Kohleförderung allmählich verzichten und entsprechende
Kraftwerke schließen. Am Ende des Tages könnte das LNG-Terminal in Świnoujście den immer größeren Gasbedarf nur teilweise decken und wäre deshalb keineswegs die „Rettung“ vom russischen Erdgas. „Dennoch reden die Behörden in Warschau immer weiter von der Energiesicherheit und alternativen Gasversorgungswegen, aber das nimmt schon niemand ernst“, stellte Frolow abschließend fest.
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