Interview -Wir stellten Stefan Kaufmann, dem von der Bundesregierung eingesetzten  “Innovationsbeauftragten Grüner Wasserstoff”,  im Interview   die zentralen Fragen wie er es schaffen will – bei den vielen noch ungelösten Problemen – dennoch auftragsgemäß Deutschland zum „zum Leitanbieter und Leitmarkt einer  grünen Wasserstoffwirtschaft“ , wie Bundesforschungsministerin Anja Karliczek bei seiner Inthronisation formulierte, zu pushen.

Genau dazu  hatte   Bundesforschungsministerin Anja Karliczek ( CDU)  bereits  im Juni den Stuttgarter CDU-Bundestagsabgeordneten Stefan Kaufmann in Berlin als neuen “Innovationsbeauftragten Grüner Wasserstoff” vorgestellt und in ihrem Ministerium die Schaltstelle angesiedelt.  Bei seiner Vorstellung erklärte die Forschungsministerin denn auch: „Ich bin sehr froh, mit Dr. Stefan Kaufmann ab sofort einen sehr erfahrenen Forschungspolitiker aus dem Deutschen Bundestag auf dem Weg in eine Grüne Wasserstoffwirtschaft an meiner Seite zu haben”.

Frage: Mehr als 200 Expertinnen und Experten haben erkundet, wie „…die Bundesländer und Kommunen künftig besser mit klimabedingter Wasserknappheit umgehen können und wie deutschlandweit der natürliche Wasserhaushalt erhalten und geschützt werden kann“, heißt es bei Bundesumweltministerin Svenja Schulze in der Ankündigung der Ergebnisse des Nationalen Wasserdialogs. Für Wasserstoff benötigt es eben auch viel Wasser. Sind Sie als Wasserstoffbeauftragter der Bundesregierung an der Strategie beteiligt gewesen? Wurden die Ziele der Wasserstoffstrategie beim Nationalen Wasserdialog berücksichtigt?

"Anfang des Jahres hat das Bundesforschungsministerium daher einen Potenzialatlas für Grünen Wasserstoff aus Afrika auf den Weg gebracht...!" ; Dr. Stefan Kaufmann
“Anfang des Jahres hat das Bundesforschungsministerium daher einen Potenzialatlas für Grünen Wasserstoff aus Afrika auf den Weg gebracht…!” ; Dr. Stefan Kaufmann

Antwort Dr. Kaufmann: Die Nationale Wasserstoffstrategie wurde im Juni vom Bundeskabinett beschlossen. Der vom Bundesumweltministerium angestoßene Nationale Wasserdialog hat seine Arbeit Anfang Oktober abgeschlossen. Beide Initiativen eint, dass sie vom Gedanken der Nachhaltigkeit getragen sind. Bei der Nationalen Wasserstoffstrategie zeigt sich das insbesondere daran, dass sie aus Erneuerbaren Energien erzeugten ‚Grünen Wasserstoff‘ als Energieträger der Zukunft ins Zentrum rückt.

Grüner Wasserstoff ist ein weiterer Schritt in Richtung eines Energiesystems, das Umweltschutz, Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit zusammendenkt. Daher der Fokus auf Erneuerbare Energien. Aber auch darüber hinaus müssen wir Umweltverträglichkeit großschreiben. Das gilt auch für die Wasserversorgung beim Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft.

Frage: Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und auch der Bundesminister für Wirtschaftliche Zusammenarbeit Peter Müller planen als Ausweg aus möglichen Wasserengpässen in Deutschland Meerwasser zur Produktion von Wasserstoff zu nutzen. Geplant ist eine enge Kooperation – inklusive Pipelines – mit Staaten wie dem afrikanischen Marokko oder Saudi-Arabien, am Meer gelegen und von der Sonne beschienen, eigentlich ideal um mit Solarenergie Wasserstoff zu erzeugen. Aber macht man sich damit nicht auch abhängig in zentralen Energiefragen von anderen Staaten? Sehen Sie die Gefahr? Aktuell erleben wir die politischen Auseinandersetzungen wegen der russischen Gaspipeline Nord-Stream 2, die von Russland direkt nach Deutschland geführt wird.

Antwort: Klar ist: Wir werden den Großteil des hierzulande benötigten Grünen Wasserstoffs nicht selbst herstellen können, sondern importieren müssen. Deutschland ist heute Energie-Importland und wird das auch in Zukunft bleiben – an dieser Tatsache wird sich also erstmal wenig ändern. Mit Grünem Wasserstoff können wir jedoch unsere Energie-Importe auf Erneuerbare Energien umstellen. Grüner Wasserstoff aus wind- und sonnenreichen Regionen ist dafür ein Schlüssel, der den betreffenden Ländern neue Geschäftsmodelle eröffnet. Afrika und Australien sind zum Beispiel spannende Partnerregionen. Das Potential an Wind und Sonne auf unserem Planeten ist dabei so groß, dass wir in Zukunft sogar eine viel geringere Abhängigkeit von einzelnen Lieferländern erreichen könnten. Dieser Umschwung von einem Verkäufer- zu einem Käufermarkt wäre eine Revolution, die wir als Technologieausstatter für Grünen Wasserstoff mit anstoßen können.

Anfang des Jahres hat das Bundesforschungsministerium daher einen Potenzialatlas für Grünen

"... Im Übrigen sollten wir Wasserstoff nicht auf die Frage verengen, was wir in Zukunft tanken ...".“bild rhein-sg
“… Im Übrigen sollten wir Wasserstoff nicht auf die Frage verengen, was wir in Zukunft tanken …”.“bild rhein-sg

Wasserstoff aus Afrika auf den Weg gebracht: Deutsche Forscherinnen und Forscher analysieren gemeinsam mit lokalen Expertenteams aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik unter anderem die klimatischen, politischen, sozialen, infrastrukturellen sowie ökonomischen Voraussetzungen für Erzeugung, Transport und Nutzung von Grünem Wasserstoff in 31 Staaten des west- und südlichen Afrikas.

Frage: Der Verkehrssektor spielt bei der CO2-Minderung eine Schlüsselrolle, damit Deutschland die Klimaziele erreicht. Nur mit Elektromobilität wird das nicht zu erreichen sein, ist die allgemeine Erkenntnis. Wasserstoff soll die Lücke schließen. Für welche Verkehrsbereiche planen Sie als Innovationsbeauftragter ‚Grüner Wasserstoff‘ den Wasserstoffeinsatz?

Antwort: Zunächst gilt: Batterie und Wasserstoff sind keine Konkurrenten, sondern spielen beide im Team Nachhaltigkeit. Entscheidend ist, was dient dem Klimaschutz und was akzeptieren die Menschen. Bei der Mobilität spricht derzeit viel dafür, dass bei der Individualmobilität die Batterie die Nase vorn haben wird. Beim Schwerlastverkehr, also bei Lkw, Bussen und Nutzfahrzeugen, ist Wasserstoff eine vielversprechende Option – genauso wie beim Seeverkehr. Es gibt auch bereits einen Wasserstoffzug, das ist interessant für nicht elektrifizierte Strecken. Und Airbus will bis 2035 ein Passagierflugzeug mit Wasserstoffantrieb auf den Markt bringen. Wie in der Industrie insgesamt gibt es auch im Verkehrsbereich beim Thema Wasserstoff eine große Aufbruchstimmung.

Frage: Grüner Wasserstoff muss erst mit grünem Strom aus Wasser gewonnen und muss dann zu Tankstellen transportiert werden. Die Experten betonen er müsse dort auf 700 Bar komprimiert werden, um damit brauchbare Reichweiten zu erzielen. Rechnet sich das noch, vor allem auch für die, die den Wasserstoff tanken wollen?

Antwort: Das hängt immer davon ab, wo die Priorität von Nutzerinnen und Nutzern im konkreten Anwendungsfall liegt. Wir dürfen Faktoren wie Energiedichte oder Systemgewicht nicht außer Acht

lassen. Darum bin ich überzeugt, dass wir bei der Mobilität am Ende einen Technologiemix sehen werden.

Im Übrigen sollten wir Wasserstoff nicht auf die Frage verengen, was wir in Zukunft tanken. Grüner Wasserstoff spielt eine Schlüsselrolle bei der Transformation unserer Industrie in Richtung

Nachhaltigkeit. Ganze Branchen wie Stahl oder Chemie setzen auf Grünen Wasserstoff. Darum legt die Nationale Wasserstoffstrategie hier auch einen Schwerpunkt.

Frage: Um den so produzierten Grünen Wasserstoff tanken zu können müssen neue Tankstellen gebaut oder Tankstellen umgerüstet werden. Ein kostenintensives und zeitaufwendiges Verfahren. Mit wie viel Zusatzkosten allein für die neue Infrastruktur rechnen Sie? Und, für den Bau/Umrüstung einer entsprechenden Tankstelle benötigt es – laut derer, die sie gerade bauen und umrüsten- ein bis eineinhalb Jahre. Bis wann rechnen wir also mit dem wahrnehmbaren Angebot dieser Tankstellen?

Antwort: Schon heute ist Deutschland bei Wasserstofftankstellen im internationalen Vergleich ganz vorne mit dabei – auch dank der langjährigen Förderung durch die Bundesregierung. Und wir werden im Rahmen der Nationalen Wasserstoffstrategie den Aufbau einer bedarfsgerechten Tankinfrastruktur weiter forcieren. Dabei sind in wir in einigen Regionen durchaus schon richtig in der Breite – etwa im Rheinland. Auch die Region Stuttgart ist mit fünf Tankstellen zwischen Waiblingen und Metzingen, Sindelfingen und Wendlingen national gut aufgestellt. Vieles hängt jetzt auch von der Marktentwicklung ab. Die Leitfrage wird sein: Wo setzen sich Brennstoffzellen, wo Batterien durch? Ein Tankstellennetz hauptsächlich für Nutzfahrzeuge und den ÖPNV wird anders aussehen als eines für den Individualverkehr.

Lesen Sie dazu auch unser Interview mit  dem CEO des vor bedeutenden Namen nur so triefenden  Wasserstoffnetzwerkes CEP, Jörg Starr:

Interview : “Gerade im Truckbereich bietet Wasserstoff enorme Chancen…!!! “