31.07.14 Abfackeln in der Taiga

Sind es als Beruhigungspillen gedachte Äußerungen für den russischen Partner Gazprom oder entspricht es der Realität, dass, wie der Chef des Chemiekonzern BASF, Kurt Bock, jetzt vollmundig verkündete, man den geplanten Anteilstausch mit dem russischen Gasgiganten bis Jahresende unter Dach und Fach bringen will?
„Wir werden dies bis Ende des Jahres erreichen“, verkündete BASF-Chef Bock vollmundig in Ludwigshafen. BASF und der russische Staatskonzern hatten vereinbart, dass die Kasseler Öl- und Gastochter Wintershall deren hiesiges Gashandels- und Gasspeichergeschäft von Tochter WINGAS vollständig an Gazprom überträgt. Dafür soll BASF im Gegenzug mehr Anteile an großen Erdgasfeldern in Sibirien erhalten.Wie Gazprom-Chef Alexej Miller jedoch jetzt mitteilte, setzt der Konzern künftig mehr auf ein Geschäftsmodell ohne den Endverbraucher. Die Einstellung Russlands zum europäischen Markt ändere sich grundlegend, sagte  Miller in der Sendung “Nachrichten am Samstag” im Moskauer Staatsfernsehen. “Das ist der Anfang vom Ende unseres Modells, bei dem wir uns auf Lieferungen bis zum Endverbraucher auf dem europäischen Markt orientierten,” schob er nach. Das “endgültige Aus” der Gaspipeline South Stream, verkündet vor Tagen durch Präsident Wladimir Putin, war sicher bereits als ein Vorbote der Strategieänderung zu sehen. Die Pipeline sollte russisches Gas an der Ukraine vorbei bis nach Europa transportieren. Probleme im russischen Staatshaushalt, entstanden durch die Westsanktionen sowie durch den Ölpreisverfall, aber auch die juristischen Schwierigkeiten die die europäische Bürokratie der Pipeline bereitete, sorgten für den “Strategiewechsel”

Gazpromchef Alexej Miller: " Das war's. Das Projekt South Stream ist vom Tisch."
Gazpromchef Alexej Miller: ” Das war’s. Das Projekt South Stream ist vom Tisch.”

Aber auch die Dauer der angeblich juristischen und bürokratischen Abläufe des Aktien-Deals mit Winters hall machte die russische Seite inzwischen ziemlich unruhig. So hielt der Chef des russischen Gaskonzern Gazprom, Alexej Miller, ein enger Vertrauter von Präsident Putin, bereits Anfang Oktober beim internationalen Gasforum in ST. Petersburg mit seinem Unmut darüber nicht hinter dem Berg. Miller äußerte da bereits er erwäge für Gazprom inzwischen einen Strategiewechsel in Europa. Oder steckten zu der Zeit bereits neue strategische Überlegungen hinter seinen Äußerungen er erwäge für Gazprom inzwischen einen Strategie-wechsel in Europa. Dies jedenfalls berichtete die russische Zeitung „Wedomo- sti“. Wurde da bereits hinter den Kulissen beschlossen, den bereits begonne- nen Bau der Gaspipeline South Stream zu stoppen?
Aufgrund des bis zu Umwelt und Energie-Report durchgedrungenen Unmuts von Miller befragten wir Wintershall wie es mit dem Aktientausch weitergehe. Am 09.Oktober gab dessen Leiter Externe Kommunikation, Stefan Leunig, Umwelt und Energie-Report gegenüber folgende Erklärung ab: „BASF und Gazprom haben am 23. Dezember 2013 in Moskau den abschließenden Ver- trag unterzeichnet. Die Europäische Kommission hat die Prüfung der Transaktion abgeschlossen und ihr am 4. Dezember 2013 ohne Einschränkun- gen zugestimmt. Die Teams auf beiden Seiten arbeiten intensiv am Abschluss dieser komplexen Transaktion.

Stefan Leunig, Leiter Externe Kommunikation Wintershall
Stefan Leunig, Leiter Externe Kommunikation Wintershall

Die Arbeit zur Umstrukturierung und Vorbereitung der Assets der jeweiligen Parteien läuft planmäßig. Aber der komplexe juristische Entflechtungsprozess, der die Gründung neuer Gesellschaften in Russland, in den Niederlanden und Deutschland erfordert, dauert länger als zunächst angenommen. Daher erwarten wir den Abschluss unseres Tauschs von Vermögenswerten mit Gazprom nun im Herbst 2014 – mit wirtschaftlicher Rückwirkung zum 1. April 2013.”

Nun sollen alle Hürden, laut BASF-Chef Bock bis Ende des Jahres, also in nicht mal drei Wochen, genommen sein. Zweifel sind angebracht angesichts der politischen Großwetterlage zwischen Europa und Russland. Immer wieder sind aufgrund der Ukraine-Krise Zweifel aufgetaucht, ob die Transaktion überhaupt wie geplant vonstatten gehen kann. Bereits im Oktober erinnerte die russische Nachrichtenagentur Ria Novosti in diesem Zusammenhang daran, dass die EU-Kommission bereits im Mai des Jahres vorgeschlagen hatte, „den Zugang zur strategischen Energieinfrastruktur, darunter Pipe- line-Netze und unterirdische Gasspeicher, für Staatsunternehmen zu erschwe- ren. Gazprom besitzt Anteile an Speicherstätten in vielen EU-Ländern und will mittels eines Deals mit der BASF-Tochter Wintershall in Firmen einsteigen, die europäische Gasnetze und unterirdische Gasspeicher betreiben.“ Moskau könnte die Zeichen der Zeit erkannt haben und auf den Deal verzichten wollen.