16.01.15 Siegburg

„Unsere Stadt ist schön“, stellte der Bürgermeister der Kreisstad-tstadt Siegburg, Franz Huhn, anlässlich des 950jährigen Stadtju-biläums auf der website der Stadt fest.

Die Stadt im Süden Nordrhein-Westfalens ist Verwaltungssitz des Rhein-Sieg- Kreises, gehört zum Regierungsbezirk Köln und auch zur Metropolregion Rhein-Ruhr, ist bei wikipedia nachzulesen. 16.l01.15 Franz HuhnMit ihren 42 267 tausend Einwohnern ist Siegburg  die viert- größte Stadt des Kreises.
Auf der website der Stadt heißt es in eigener Einschätzung weiter: „Siegburg ist eine Stadt in Bewegung.“ Das beschreibt moderat das, was in den politischen Gremien der Stadt zur Zeit passiert. Die Vorbereitungen für eine mögliche Stadtwerke-gründung sorgen hier für heftiges Rumoren. Und mittendrin muss Bürgermeister und Ratsvorsitzender Franz Huhn den richtigen Weg finden.

 

 

Heiße Prüfungsphase

 

Rathaus Siegburg:Noch späte brennen die Lichter in den Büros. Hier laufen die zentralen Vorarbeiten für die mögliche Stadtwerkegründung
Rathaus Siegburg: Noch späte brennen die Lichter in den Büros. Hier laufen die zentralen Vorarbeiten für die mögliche Stadtwerkegründung

Für die Stadt Siegburg beginnt die heiße Prüfungsphase in der es darum geht zu ermitteln, ob die Stadt ein eigenes Stadtwerk gründen soll oder nicht.

Und, wenn kein Stadtwerk gegründet werden soll, wem sie künftig den Betrieb der Strom- und Gasnetze in der Stadt anvertraut. Die Konzessionen für das gesamte Stromnetz, Nieder- und Mittelspannung, und auch für das Gasnetz laufen zwar erst am 23.März 2017 aus. Doch bereits bis Anfang März diesen Jahres müssen Bewerber ihr Interesse an den Konzessionen und an einer Kooperation zur Gründung von Stadtwerken mit Siegburg bekunden. Danach werden sie dann aufgefordert auch ein Angebot abzugeben.
Die Daten lassen auf den ersten Blick den Gedanken aufkommen es sei ja bis dahin noch weit hin. Aber das täuscht gewaltig. Die Aufgaben, die in dieser Zeit zu bewältigen sind, sind komplex, schwierig und unter Umständen auch sehr langwierig.

Nehmen wir die Netzsituation. Das RWE besitzt die Konzession für das Mittelspan-nungs-Stromnetz. Die Rheinische Energie Aktiengesellschaft, rhenag, das Niederspannungs-Stromnetz sowie das Gasnetz. Nun stellt sich zum einen für Siegburg die Frage, ob die Netze RWE und rhenag abgekauft werden sollen? Dann ist zu klären, sollen eigene Stadtwerke gegründet und die Netze von den eigenen Stadtwerken allein betrieben werden? Oder lieber doch mit einem strategisch erfahrenen Kooperationspartner? Oder geht es letztendlich nach allen zeitaufwendigen Sondierungen nur noch darum, die Konzessionen neu zu vergeben?23.01.15 Folie drei Siegburg
Allein der mögliche Kauf der Netze kann eine lange Zeit in Anspruch nehmen, weil man sich unter Umständen nicht über den Preis einigen kann. Es kann zu Klagen kommen. Es können Klagen angedroht werden. Den Fall hat es bei den Stadtwerken Bonn gegeben. Das alles kann dauern. Insofern drängt die Zeit. Der Druck sitzt den im Rat der Stadt vertretenen Parteien sehr schnell im Nacken.
Darüber hinaus müssen die Fraktionen schon sehr bald Einigkeit darüber erzielen welche Schritte zu gehen sind. Die Stellungnahmen die die Fraktionsvorsitzenden für ihre Parteien gegenüber Umwelt und Energie-Report (U&E) abgegeben haben und die wir hier im Anschluss an den Bericht veröffentlichen, lassen den Schluss zu, dass es darüber noch zu intensiven Auseinandersetzungen kommen wird.
Einig sind sich die Parteien weitgehend darin, dass es, wie CDU-Fraktionschef Jürgen Becker betont, eine Stadtwerkegründung nur mit einem strategischen Partner geben kann.

CDU-Fraktionsvorsitzender Jürgen Becker: Nur mit strategischem Partner
CDU-Fraktionsvorsitzender Jürgen Becker: Nur mit strategischem Partner

Für die CDU kann das ein privater, also ein Energieversorgungsunternehmen oder ein kommunaler Partner sein. Grundsätzlich pflichtet ihm der Fraktionschef des Koalitionspartners FDP, Jürgen Peter, bei. In seiner Stellungnahme gegenüber U&E wünscht sich da aber nur ein erfahrenes Energieversorgungsunternehmen an der städtischen Seite. Zugleich macht er aber zur Bedingung, dass es eine Stadtwerkegründung nur bei einer gesicherter Rendite des städtischen Betriebes geben kann. Für die SPD zielt deren Fraktionsvorsitzender Michael Keller als Partner auf ein kommunales Stadtwerk, das schon „erfolgreiche Partnerschaften mit kommunalen Stadtwerken eingegangen ist.“ Darüber hinaus hat die SPD-Fraktion noch verschiedene Vorstellungen ausgear-beitet, die in die soziale Ausrichtung des Stadtwerkes gegenüber schwachen Kunden zielen. Die GRÜNEN befürworten grundsätzlich die Gründung von Stadtwerken, wie ihre Fraktionsvorsitzende, Astrid Thiel, in ihrer Stellungnahme betont. Die endgültige Meinungsbildung hinsichtlich der Beteiligung eines Partners sowie hinsichtlich der Rechtsform sei aber noch nicht abgeschlossen.

Grünen-Fraktionsvorsitzende Astrid Thiel: Unbedingt eigenes Stadtwerk gründen
Grünen-Fraktionsvorsitzende Astrid Thiel: Unbedingt eigenes Stadtwerk gründen

Einigkeit zwischen Parteien gab es Ende letzten Jahres zumindest in dem Punkt, die Stadtverwaltung zu beauftragen auf der bekannten Zeitschiene die Vorbereitungen für die Konzessionierungs-verfahren Strom und Gas weiter zu betreiben.
Am 30.Dezember vergangenen Jahres machte deshalb die Stadt wurde Bundesanzeiger bekannt: „… dass die bestehenden Wegenutzungsverträge für das Stromverteilnetz der allgemeinen Versorgung (Stromkonzessionsverträge) mit der rhenag Rheinische Energie AG (Niederspannung) und mit der RWE Deutschland AG (Mittelspannung) am 23.03.2017 enden. Unternehmen, die an dem Neuabschluss eines einheitlichen Stromkonzessionsvertrages (Nieder- und Mittelspannung) interessiert sind, werden gebeten, ihr Interesse bis zum 02.03.2015, 12:00 Uhr, zu bekunden.“
Da heißt es auch: „Die Kreisstadt Siegburg erwägt ein eigenes Engagement im Bereich der Energieversorgung.“
Die interessierten Bewerber werden in der Bekanntmachung gleichzeitig aufgefordert, ihr Interesse für eine Kooperation mit der Kreisstadt Siegburg oder einer städtischen Tochter zur Gründung eines Stadtwerkes zu bekunden.
Wie den Unterlagen für den Stadtwerkeausschuss zu entnehmen ist, hat sich die Stadt entschieden bei ihrem weiteren Vorgehen das sogenannte einstufige Verfahren anzuwenden. Dabei kann sich die Stadt bis zu dem Entscheid auf welchen Partner sie zugehen will offen halten, ob sie selbst oder eine städtische Tochter eine Kooperation mit einem privaten Partner, so einer wie rhenag, RWE oder einem anderen, eingehen will.

Das einstufige Verfahren

Die Stadt hält sich mit ihrem Beschluss das einstufige Verfahren durchzuziehen zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens die Möglichkeit offen von einem Kooperationsmodell Abstand zu nehmen. Wie aus den Unterlagen hervorgeht, ist die Stadt mit diesem Verfahren zu jeder Zeit in der Lage sich zu entscheiden gar kein Stadtwerk zu gründen, sondern nur die Konzessionen neu zu vergeben.
Stadtwerke bieten eben nicht immer nur Anlass zur Freude. So berichtete die Süddeutsche Zeitung (SZ) am 1.Juli 14 die Krise der Energiebranche komme mit voller Wucht bei den Stadtwerken an. Und weiter: „Auch kommunale Unternehmen verdienen wegen des radikalen Preisverfalls auf dem Strommarkt immer seltener noch Geld mit ihren Kraftwerken.“ Bei Kommunen wie Essen, Dortmund, Bochum oder Gladbeck, berichtete das Blatt weiter, habe der Niedergang von Deutschlands zweitgrößtem Stromerzeuger RWE zum Teil große Löcher in ihre Haushalte gerissen. Die bisher großen Dividenden-Zahlungen blieben aus oder schmolzen stark zusammen. RWE, so die SZ gehört zu 25 Prozent kommunalen Eigentümern.

Andreas Roth, Leiter Stabsstelle Recht ist maßgeblich mit den Vorarbeiten zur Stadtwerkegründung befasst.
Andreas Roth, Leiter Stabsstelle Recht ist maßgeblich mit den Vorarbeiten zur Stadtwerkegründung befasst.

Andreas Roth, Leiter der Stabsstelle Recht bei der Stadtbetriebe Siegburg AöR, er ist maßgeblich mit den Vorarbeiten zum weiteren Konzessionierungsverfahren befasst, betont im Gespräch man werde schon sehr genau prüfen welchen Weg die Stadt einschlagen solle. Mit dem bisher gewählten einstufigen Konzessio-nierungs-Verfahren bestehe ja bis zum Schluss jede Möglichkeit eine Entscheidung zu treffen.

Zweistufiges Verfahren
Bei dem sonst zur Wahl gestandenen Zweistufen-Verfahren hätte die Stadt bereits vor dem Beginn des Konzessionierungsverfahrens, also noch in 2014, einen Koope-rationspartner zur Gründung eines Stadtwerkes auswählen müssen. Die Kreisstadt und der neue Partner hätten sich – dann in der zweiten Stufe- um die Konzession zum Betreiben der Strom-und Gasnetze bewerben müssen. Bei diesem Verfahren hätte sich die Stadt also bereits im Vorfeld darauf festgelegt ein Stadtwerk zu gründen.
Bis Anfang März erwartet die Kreisstadt nun aber erst die Interessensbekundungen der Unternehmen, die nicht nur interessiert sind die Strom- und Gasnetze zu betreiben, sondern zugleich auch bereit sind als Kooperationspartner mit der Kreisstadt Siegburg oder einer städtischen Tochter ein Stadtwerk zu gründen.23.01.15 Folie 13 Siegburg

Noch vor der Bekanntgabe des Auslaufens der Konzessionsverträge im Bundes-anzeiger hatte die Stadt bei den bisherigen Netzbetreibern alle relevanten Daten über die Netze eingeholt. Die Ergebnisse wurden in Zusammenarbeit mit einem Gutachterbüro aus Aachen, BET Büro für Energiewirtschaft, ausgewertet und dort, wo die Daten unvollständig waren, Ergänzungen eingeholt. Nur so ist es nun möglich Interessenten an einer künftigen Kooperation die notwendigen Unterlagen zuzuliefern.