Beinahe täglich wird Russland
Medwedew: Beinahe täglich wird Russland als die schlimmste Gefahr  abgestempelt …

“Die Situation in der Welt ist dramatisch, ein einheitliches großes Europa gibt es nach wie vor nicht”, erklärte Russlands Ministerpräsident Dmitri Medwedew am Samstag auf der Münchner Sicherheitskonferenz. „Beinahe täglich wird Russland als die schlimmste Gefahr bald für die NATO als Ganzes, bald für Europa, bald für Amerika, bald für andere Länder abgestempelt.“

Medwedew kritisierte ferner Horrorfilme über den Beginn eines Atomkrieges durch die Russen. „Ich denke manchmal, dass jetzt nicht das Jahr 2016, sondern 1962 ist“, sagte der Premier.
Am diesjährigen Treffen der „Münchener Sicherheitskonferenz oder auch „Munich Security Conference“ im Hotel Bayerischer Hof nehmen 23 Staats- und Regierungschefs und dutzende Minister teil. Unsichtbar, aber immer gegenwärtig sitzen die Mächte Öl und Gas immer mit am Tisch.

Russischer Regierungschef Dmitri Medwedew
Russischer Regierungschef Dmitri Medwedew: Ich denke manchmal wir hätten das Jahr 1962 ..

Die Mächte Öl und Gas immer mit am Tisch
Ihre Interessen weltweit werden von US-Außenminister John Kerry, seinem Gegenspieler aus Moskau, Sergej Lawrow, Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif oder dem saudi-arabischen Außenminister Adel al-Dschubair ebenso immer mit vertreten wie das auf der anderen Seite die EU-Außenbeauftrage Federica Mogherini und Maroš Šefčovič, EU-Kommissionsvizepräsident und zuständiger Kommissar für die Energieunion mehr in reagierender, kalkulierender Form für Europa tun können.
Russland zum Beispiel, das sich im Syrien-Konflikt in ein unübersehbares, teures und todbringendes Abenteuer eingelassen hat, der saudische Außenminister Adel al-Dschubeir spricht im Interview mit der Süddeutschen Zeitung davon, dass Moskau zum Kombattanten eines Religionskrieges werden könnte, bezahlt seine militärischen Aktivitäten in Nahost vor allem aus den Einnahmen von Öl- und Gasverkäufen. Und auf dem Weltmarkt sind die Preise für beide Produkte auf unaufhaltbarer Bahnfahrt.

Auch 2016 keine Entspannung der Ölmärkte …
Die Internationale Energie-Agentur (IEA) erklärte jetzt auch 2016 sei keine Entspannung der Märkte in Sicht. Das Überangebot werde vielmehr noch das gesamte Jahr anhalten. prognostizierte die IEA am Dienstag. Die Schiefergas- Förderung in den USA gehe nur langsam zurück und eine Einigung der Organisation Erdöl exportierender Staaten (Opec) mit anderen Öl-Ländern auf eine geringere Produktion sei unwahrscheinlich.

 

Russlands-Präsident Wladimir Putin  beim Interview mit den Bild-Redakteuren Nikolaus Blome und Kai Diekmann, bild sputnik news Alexei Nikolskiy
Russlands-Präsident Wladimir Putin beim Interview mit den Bild-Redakteuren Nikolaus Blome und Kai Diekmann, bild sputnik news Alexei Nikolskiy

Bereits Anfang des Jahres beklagte der russische Präsident Wladimir Putin im Interview mit der Bild-Zeitung, das am Montag, 11.Januar veröffentlicht wurde, den Verfall der Energiepreise und sprach über gefährliche Einnahmen-Einbußen.

Dem russischen Haushalt fehlen …
Im Januar vergangenen Jahres stand bereits für die Haushaltsstrategen Putins fest: Wegen des niedrigen Ölpreises würden 2015 dem russischen Haushalt rund drei Billionen Rubel (ca. 40 Milliarden Euro) Einnahmen entgehen.

Laut russischem Finanzminister Anton Siluanow sollte diese Prognose aber nur dann gelten, wenn der Ölpreis im Jahresdurchschnitt nicht unter 50 Dollar je Barrel falle.

Russischer Finanzminister Anton Siluanow:  Mit Verkauf von Unternehmensanteilen sollen Haushaltsverluste ausgeglichen werden
Russischer Finanzminister Anton Siluanow: Mit dem Verkauf von Unternehmensanteilen der Energieriesen sollen Haushaltsverluste ausgeglichen werden

Moskau musste, da die 50 Dollar im Schnitt nicht gehalten wurden, seinen Haushalt immer wieder anpassen.
Mitte Dezember vergangenen Jahres berichteten wir unter dem Titel: Sinkende Ölpreise geben Vorgeschmack auf geplante Dekarbonisierung ( s. unten), dass  die russische Agentur Sputnik-news bereichtet habe der russische Staat plane den Staatshaushalt für das kommende Jahr, also 2016, weiter auf der Basis eines durchschnittlichen Ölpreis von 50 US-Dollar. Das Finanzministerium habe aber auch ein pessimistischeres Szenario entwickelt, wonach der Durchschnittspreis höchstens 40 Dollar betragen wird.

In diesem Fall schrumpften die russischen Haushaltseinnahmen um umgerechnet 20 Milliarden Euro.
Die russische Zeitung „Wedomosti“ zitierte da bereits die Analystin Alina Sljusartschuk von Morgan Stanley, ein Preissturz auf 40 Dollar pro Barrel würde für Russland ein ziemlich großer Schock bedeuten.
Im Jahr 2014 hatte die Kapitalflucht in Russland 150 Mrd Dollar betragen. Im vergangenen Jahr waren es noch mal mindestens 80 Mrd Dollar. Die Wirtschaft schrumpfte in 2014 und 2015 jeweils um vier Prozent.

Putin: Die Lage ist nicht katastrophal …
Die Lage der russischen Wirtschaft ist nach Einschätzung von Staatschef Wladimir Putin alles andere als katastrophal. Erklärte Putin vor einigen Tagen bei einem Treffen mit Michail Schmakow, dem Vorsitzenden der Unabhängigen Gewerkschaften Russlands.

„Wir haben eine nicht gerade einfache Situation, doch es gibt Gott sei Dank keine Katastrophen,“ beteuerte der Kreml-Chef. Er gestand jedoch ein: Angesichts der Turbulenzen in der Wirtschaft seien jedoch Änderungen am Arbeitsmarkt möglich, und die Regierung müsse bereit sein, darauf zu reagieren.
Mit vor Stolz geblähter Brust hatte der russische Staatschef trotzdem noch in dem bereits zitierten Interview mit der „Bild“-Zeitung erklärt:“Wir sind weiterhin eine der führenden Wirtschaftsnationen der Welt.“ Er hatte da aber auch beteuert: Russland will nicht die Rolle einer Supermacht einnehmen, da es „viel zu teuer und unnötig ist“.
In dem Zusammenhang und auch vor dem Hintergrund der kritischen Wirtschaftslage des Landes, verursacht vorwiegend durch die horrenden Einnahmeausfälle bei Öl und Gas, stimmen die andauernd gesendeten Meldungen über die militärischen Spitzenprodukte der russischen Rüstungsindustrie durch die von Moskau gesteuerten Nachrichten-Agentur Sputnik news sehr nachdenklich.

Der russische Jagdbomber SU-35S
Der russische Jagdbomber SU-35S; Russland erprobt in Syrien neue Kampfflugzeuge …so berichtet sputnik-news

 

Dem Westen einen Schock versetzt …
Der Einsatz von Hochtechnologien für die Entwicklung von Militärtechnik in Russland hat dem Westen und Israel einen Schock versetzt, schrieb die britische Zeitung „Independent“ vor Tagen. Diese Nachricht wurde zur Spitzenmeldung bei Sputnik.

Und weiter heißt es da:
Noch vor kurzem hatten westliche Militärbonzen mit Nachsicht davon gesprochen, dass die russische Strategie und Militärtechnik veraltet sind. Dass russische Raketen ‚eher dumm als klug“ sind, dass die russische Marine „eher verrostet als einsatzfähig‘ ist. „Aber das, was der Westen in Syrien gesehen hat, löste einen regelrechten Schock aus“, heißt es in dem Beitrag von Independent schreibt Sputnik.
Im Dezember vergangenen Jahres berichtete die russische Agentur Putin habe bei dem erweiterten Jahreskollegium des Verteidigungsministeriums im Dezember fünf vorrangige Aufgaben an die Streitkräfte und den Rüstungsbereich zur Stärkung der militärischen Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit des Landes gestellt.

Dann wurden Maßnahmen bekannt gegeben. Wir bringen hier einen Ausschnitt:

Marine: „Im kommenden Jahr werden die russischen Luftstreitkräfte, die Marine und die strategischen Raketentruppen neue Waffen bekommen.

Weltraum: “Zudem ist der erste Weltraumstart vom Weltraumbahnhof Wostotschny geplant, der Russland einen unabhängigen Zugang in den Weltraum sichern soll. Eine Trägerrakete Sojus 2.1a soll im April mit einer neuen „Wolga“-Stufe die Satelliten Lomonossow und Aist-2d sowie den Nanosatelliten Samsat-218 auf Erdumlaufbahnen bringen.
Im Rahmen des neuen staatlichen Rüstungsauftrags, dessen Umsetzung im kommenden Jahr beginnt, werden neue Waffenmodelle für die Streitkräfte, die Marine und die strategischen Raketentruppen entwickelt.
„Wir wollen unser ganzes Volk erfreuen und unsere Widersacher mit einigen unserer neuen Waffen betrüben. Es handelt sich vor allem um neue Flugzeugkomplexe, die Schaffung neuer Raketenwaffen und einer starken Flotte“, so Vizepremier Dmitri Rogosin.

Dimitri Rogosin: Verhandelt zusammen  mit Putin in Teheran über Raketen und Raumfahrtprojekte
Dimitri Rogosin: Wir wollen unsere Widersacher mit einigen neuen Waffen betrüben …

Neuer Raketen-Komplex
2016 soll der neue strategische Raketenkomplex RS-26 „Rubesch“ mit einer Feststoffrakete in Dienst gestellt werden. Es wird die Entwicklung der neuen schweren ballistischen Interkontinental-Flüssigbrennstoffrakete mit abtrennbaren Gefechtsköpfen „Sarmat“ fortgesetzt, die die strategischen Raketen des „Wojewoda“-Komplexes (Nato-Codename „Satan“) ersetzen soll.
Die russische Marine: …bekommt neue Überwasser-Schiffe. Es handelt sich vor allem um die Fregatte „Admiral Gorschkow“ (Projekt 22350) als Flaggschiff. Das Schiff absolviert gerade Tests im Norden und soll Anfang 2016 an die Marine übergeben werden.
Unterwasser-Flotte: Auch die Unterwasser-Flotte erwarten wichtige Ereignisse. In der Sewmasch-Werft wird das letzte aus einer Reihe von acht strategischen U-Booten der Borej-Klasse 955 auf Kiel gelegt. Zudem soll an die russische Flotte das zweite atomgetriebene Mehrzweck-U-Boot des Projekts 885 „Jassen“ übergeben werden. Außerdem soll das sechste U-Boot dieser Serie auf Kiel gelegt werden. Diese U-Boote werden nur mit russischen Zulieferteilen gebaut.
Strategische Bomber: Im kommenden Jahr wird die Entwicklung des strategischen Bombers Tu-160M2 fortgesetzt, dessen funkelektronische Bordanlagen zu 100 Prozent erneuert werden. Die Luft- und Weltraumtruppen Russlands werden die ersten Maschinen dieses Typs spätestens 2023 erhalten.

Lesen Sie dazu auch unseren Bericht: Sinkende Ölpreise geben Vorgeschmack auf geplante Dekarbonisierung