Bei ihrem wohl  letzten Auftritt bei der von der Hauptstadtpresse in Berlin veranstalteten Bundespressekonferenz,  hat Kanzlerin Angela Merkel große Offenheit gezeigt und in puncto Klimaschutz räumte sie auch Versäumnisse ein und nicht nur das…! Die Ausführungen der Bundeskanzlerin sind so interessant und aufschlussreich und leuchten das Bild der Kanzlerin  sehr stark weiter aus, so dass wir unsere Berichterstattung über diesen  wohl  letzten Auftritt der Kanzlerin vor der Hauptstadtpresse in den kommenden Tagen weiter fortsetzen werden….

 "...war die fehlende nötige Radikalität in der Klimaschutzpolitik das größte Versäumnis in Ihrer Kanzlerschaft ...?" Angela Merkel, Bild Sandra Steins bundesrg
“…war die fehlende nötige Radikalität in der Klimaschutzpolitik das größte Versäumnis in Ihrer Kanzlerschaft …?” Angela Merkel, Bild Sandra Steins bundesrg

Gleich eingangs des Fragen-Antworten-Szenenwechsels wurde es sehr direkt: Einer sehr direkten Frage Eine Journalistenkollegin  wollte wissen: „… Frau Bundeskanzlerin, ist die fehlende nötige Radikalität in der Klimaschutzpolitik das größte Versäumnis in Ihrer Kanzlerschaft gewesen …?“

Angela Merkel darauf: „Ich glaube, dass wir sagen können, dass Deutschland vieles gegen den Klimawandel unternommen hat. Mein politisches Leben ist eigentlich ab dem Jahr 1994, als ich Umweltministerin wurde, gekennzeichnet von der Arbeit für Maßnahmen gegen den Klimawandel. Ich habe es mir noch einmal angeschaut: Als ich im Jahr 2005 Bundeskanzlerin wurde, betrug der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung etwa 10 %. Heute sind es deutlich über 40 %. Wir haben von 1990 bis 2010 die CO2-Emissionen um 20 % reduziert; wir haben sie von 2010 bis 2020, also statt in 20 Jahren in 10 Jahren, erneut um 20 % reduziert, und wir haben uns jetzt vorgenommen, sie im nächsten Jahrzehnt noch einmal um 25 % zu reduzieren. Das heißt, es ist einiges passiert. Wir sollten nicht so tun, als wenn nichts passiert sei.“

So weit  zunächst ihre Verteidigung, dann aber wurde die Kanzlerin etwas kleinlauter: „

„Aber – damit haben Sie völlig recht – gemessen an dem Ziel, deutlich unter einem Anstieg von 2 Grad Celsius zu bleiben oder möglichst nah an 1,5 Grad Celsius heranzukommen, ist nicht ausreichend viel passiert. Das gilt nicht nur für Deutschland, sondern das gilt für sehr viele Länder auf der Welt. Deshalb muss das Tempo angezogen werden, und deshalb haben wir auch ein Klimaschutzgesetz erarbeitet, in dem wir für Deutschland die Klimaneutralität bereits für 2045 anstreben. Die Europäische Union hat jetzt ihre Vorschläge vorgelegt, und das Ganze wird, vom Wirtschaften über das Leben bis hin zur Energieversorgung mit dem vielleicht tiefgreifendsten Wandel, den wir kennen, einhergehen.

Das ist wirklich ein sehr großer Wandel. Kombiniert mit der Digitalisierung, die auch noch einmal eine wirklich disruptive Veränderung ist, befindet sich die Gesellschaft wirklich in einem, wie man heute sagt, tiefgreifenden Transformationsprozess, bei dem natürlich auch darauf geachtet werden muss, dass wir auf diesem Weg möglichst viele Menschen mitnehmen.“

Die Journalistenkollegin war nicht ganz zufrieden mit Merkels Antwort und bohrte schon etwas

"...schon in den 90er-Jahren wurden Sie als Umweltministerin unmissverständlich vor einer Klimakatastrophe gewarnt....".Bild Steffen Kugler, bundesr.
“…schon in den 90er-Jahren wurden Sie als Umweltministerin unmissverständlich vor einer Klimakatastrophe gewarnt….”.Bild Steffen Kugler, bundesr.

schmerzhafter nach: „Frage: Frau Merkel, schon in den 90er-Jahren wurden Sie als Umweltministerin unmissverständlich vor einer Klimakatastrophe gewarnt. Darum eine persönliche Frage: Was hat Sie auch als Kanzlerin daran gehindert, früher, konsequenter und effektiver gegen den Klimawandel vorzugehen?“

Merkel parierte: „Als Bundeskanzlerin hat mich diese Erkenntnis erst einmal sehr angetrieben. Ich habe sehr stark daran mitgewirkt, das Kyoto-Protokoll auszuhandeln. Dass jedes Land auf der Welt seine Reduktionsziele völkerrechtsverbindlich verabredet und auch international hinterlegt, war für uns damals die ideale Vorgehensweise. Ich musste aber erkennen, dass allenfalls die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und ganz wenige andere, die signifikant zu den Emissionen beitragen, bereit waren, dieses Kyoto-Protokoll überhaupt in Betracht zu ziehen. Damals habe ich viele Enttäuschungen erlebt. Länder haben gesagt, sie würden niemals etwas rechtsverbindlich hinterlegen und sich als Land rechtsverbindlich international verpflichten.“

„...ist nicht ausreichend viel passiert......"; Angela Merkel, bild brg.
„…ist nicht ausreichend viel passiert……”; Angela Merkel, bild brg.

Die Kanzlerin holte dann – kompetent –  noch weiter aus: „Den Tiefpunkt haben wir dann bei der Vertragsstaatenkonferenz in Kopenhagen erlebt. Danach hat man sich für einen anderen Weg, für das Pariser Abkommen, entschieden und hat gesagt, die Mitgliedstaaten des Pariser Abkommens würden freiwillig Ziele vorlegen. Das sind diese nationalen Ziele, die jetzt in Glasgow verbessert werden müssen. Das Ganze ist natürlich noch weniger verbindlich. Ich habe mich in der Europäischen Union immer dafür eingesetzt, dass wir auch verbindliche Ziele haben. Diese haben wir auch. Wir haben auch verbindliche Budgets.

Das heißt, unbeschadet der Tatsache, dass es, wie ich eben schon gesagt habe, gemessen an der objektiven Aufgabe, immer noch langsam vorangeht, habe ich in meinem politischen Leben sehr viel Kraft eingesetzt, um Mehrheiten zu finden, sodass wir wenigstens diesen Weg gehen konnten. Das hat sich eigentlich durch meine gesamte politische Arbeit gezogen.“

Die Journalistenkollegin wollte Merkel nicht vom Haken lassen und bohrte noch tiefer: „Zusatzfrage: Sie haben das Pariser Klimaschutzabkommen angesprochen. Beunruhigt es Sie, dass Ihre eigene Partei in ihrem Wahlprogramm Klimaschutzmaßnahmen aufzählt, die nicht mit dem Pariser Klimaschutzabkommen kompatibel sind? Sie ist neben der AfD die einzige Partei, bei der das so ist….“

Noch mal: Die Ausführungen der Bundeskanzlerin sind aus unserer Sicht so interessant und aufschlussreich und leuchten das Bild der Kanzlerin zudem  sehr stark weiter aus, so dass wir unsere Berichterstattung der wohl  letzten Bundespressekonferenz von Angela Merkel vor ihrem Abschied vom Kanzleramt im Herbst in den kommenden Tagen weiter fortsetzen werden …