Mit den Sofortprogrammen  der Bundesregierung für den Gebäude- und Verkehrssektor können die deutschen Klimaziele laut Expertenrat nicht erreicht werden, berichtete am vergangenen Donnerstag, 25. August, das Bundeswirtschafts-  und Klimaministerium.  Die Themen  spielten während der Regierungspressekonferenz in Berlin wenige Tage später , am vergangenen Montag, 29. August, eine große Rolle. Der Expertenrat hatte konstatiert: Das Sofortprogramm des Verkehrs­ministeriums sei „…schon im Ansatz ohne hinreichenden Anspruch“. Umwelt- und Energie-Report hatte ausführlich berichtet, s. unten.

"Da muss doch jemand den Kopf hinhalten...!"  bild bundesreg. jesco denzel
Da muss doch jemand den Kopf hinhalten…!” Volker Wissing …; bild bundesreg. jesco denzel

Eine Journalistenkollegin wollte von Ullrich Schulte, dem Sprecher von Bundesumweltministerin Steffi Lemke wissen: „Frage: Es geht um den Bericht des Expertenrats für Klimaschutz. Da würde mich eine Einschätzung des Umweltministeriums interessieren, wie Sie die Bewertungen der Sofortprogramme für das Bau- und das Verkehrsministerium sehen?“  Und von Bettina Lauer, der Sprecherin von Bundesverkehrsminister Volker Wissing, wollte sie wissen: „
Frau Lauer, der Rat sich ja insbesondere mit Ihrem Programm auseinandergesetzt, indem es gesagt hat, dass das Programm – Zitat – „zwar eine emissionsmindernde Wirkung entfaltet, aber nicht die Anforderung an ein Sofortprogramm gemäß Bundes-Klimaschutzgesetz … erfüllt“. Wie kann es Ihnen passieren, dass Ihr Sofortprogramm noch nicht einmal die Kriterien des Gesetzes erfüllt?

Steffi Lemkes Sprecher, Ullrich Schulte übernahm zunächst und antwortete: „ Ich kann für das BMUV erst einmal allgemein sagen, dass wir es für extrem wichtig halten, dass die Klimaschutzziele und die entsprechenden Vorgaben, die aus unterschiedlichen Gesetzgebungsverfahren resultieren, erfüllt werden. Es ist aber nicht unsere Aufgabe – und da bitte ich um Verständnis -, uns ausführlich zu Bewertungen zu äußern, die andere Häuser betreffen….!“

Bettina Lauer übernahm dann und erklärte: „Ich möchte diesbezüglich sagen, dass wir ein Sofortmaßnahmenprogramm vorgelegt haben. Der Hintergrund ist ja, dass wir bei den CO2-Emissionen im vorvergangenen Jahr einen Gap von 3 Millionen Tonnen hatten. Mit unserem Sofortmaßnahmenprogramm haben wir diese 3 Millionen Tonnen erfüllt. Wir haben nach Rücksprache mit unseren Experten einen Einsparmaßnahmenmodus von über 13 Millionen Tonnen. Das sind die Sofortmaßnahmen, die wir vorgelegt haben. Unabhängig davon arbeiten wir natürlich an dem

"..wie hat denn der Kanzler auf die Expertenmeinung seines Expertenrats und dessen Feststellung, dass das sogenannte Sofortprogramm des Verkehrsministeriums in meinen Worten ein schlechter Witz ist, reagiert? ... " Christiane Hoffmann bild bundesreg Sebastian Bolesch
“..wie hat denn der Kanzler auf die Expertenmeinung seines Expertenrats … reagiert? … ” Christiane Hoffmann,  bild bundesreg Sebastian Bolesch

Klimaschutzgesamtpaket der Bundesregierung.“
Sofort kam die Zusatzfrage eines Journalistenkollegen: „Herr Schulte, es muss ja nicht Ihre Aufgabe sein, das zu bewerten, aber wir haben Sie jetzt ja gefragt. Als Umweltministerium könnten Sie zu Umweltberichten Ihrer eigenen Kommission ja etwas sagen!“
Und an Bettina  Lauer gerichtet warf er ihr vor: „ Sie haben meine Frage jetzt nicht beantwortet. Ihr eigenes Programm erfüllt noch nicht einmal die Kriterien des Gesetzes. Wer ist denn im Haus für dieses Sofortprogramm am Ende verantwortlich? Da muss doch jemand den Kopf hinhalten, wenn Ihr Expertenrat sogar sagt, dass von einer vertiefenden Prüfung der Annahmen Ihres Programms abgesehen wurde, weil das alles keinen Sinn gemacht hat. Das war ja Arbeitsverweigerung!“

Doch Bettina Lauer entgegnete: „ Ich möchte darauf hinweisen, dass der Expertenrat auch darauf hingewiesen hat, dass es da eine gewisse Unsicherheit in den gesetzlichen Voraussetzungen gibt, was zum einen das Klimaschutzgesetz und zum anderen die Sofortmaßnahmen angeht. Wir haben eben die Variante gewählt, dass wir für die Zuvielverbräuche aus dem Jahr 2021 Sofortmaßnahmen vorgelegt haben, und dann arbeiten wir mit voller Kraft an dem Klimaschutzgesetz, also an dem Paket der ganzen Bundesregierung.

Doch der Journalistenkollege setzte nach: „Frage: Sie haben eben gesagt, 13 Megatonnen – ich glaube, genau sind es 13,66 Megatonnen – würden bis 2030 eingespart. Das sind aber gerade einmal fünf Prozent des Überschusses, also desjenigen, was nach bisheriger Prognose zu viel an CO2 ausgestoßen würde. Das bedeutet, zu 95 Prozent wurde das nicht erfüllt. Wie können Sie dann davon sprechen, dass das ein effizientes Sofortprogramm sei?“

Bettina Lauer blieb dennoch sachlich ruhig und erklärte: „Wie gesagt, ich möchte hier noch einmal trennen: Zum einen gab es den Mehrverbrauch im Jahr 2021; dafür haben wir Sofortmaßnahmen vorgelegt, die die 3 Millionen Tonnen übertreffen. Zum anderen geht es eben um das Gesamtpaket, das die Bundesregierung vorbereitet. Daran arbeiten wir natürlich mit. Das befindet sich ja in der politischen Abstimmung. Sollte dies vorliegen, dann werden wir uns natürlich auch zu unseren Einzelmaßnahmen äußern!“

Ein anderer Journalistenkollege konstatierte dann zugleich mit seiner Zusatzfrage: „Es ist ein bislang einmaliges Vorgehen, dass der von der Bundesregierung eingesetzte Expertenrat mit Mehrheit sagt: Wir können uns mit diesem Programm gar nicht detailliert beschäftigen, weil es die Voraussetzungen nicht erfüllt. – Wird es eine qualifizierte Antwort Ihres Hauses auf diesen Vorwurf beziehungsweise diese Einschätzung geben?“

Doch Bettina Lauer verwies darauf: „Ich beziehe mich noch einmal auf meine Antwort, dass ja, wie gesagt, auch vom Expertenrat geäußert wurde, dass es da eine Ungenauigkeit gibt. Wir haben eben die Sofortmaßnahmen für das vorgelegt, was im vorherigen Jahr mehr verbraucht wurde, und konzentrieren uns jetzt auf das Klimaschutzgesamtpaket der Bundesregierung!“

Eine andere Journalistenkollegin wollte dann von Bettina Lauer noch wissen: „: Steht Ihr Haus denn immer noch hinter Ihrem Sofortprogramm? Das ist das eine…., formulierte sie .  Und dann richtete sie  an die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann die Frage: „Frau Hoffmann, wie hat

„…der Expertenrat hat die Dringlichkeit zum Handeln in der Klimakrise betont ...!“   Dr. Beate Baron:
„…der Expertenrat hat die Dringlichkeit zum Handeln in der Klimakrise betont …!“ Dr. Beate Baron:

denn der Kanzler auf die Expertenmeinung seines Expertenrats und dessen Feststellung, dass das sogenannte Sofortprogramm des Verkehrsministeriums in meinen Worten ein schlechter Witz ist, reagiert? Vielleicht könnte uns auch das Klimaschutzministerium etwas dazu sagen.?“
Christiane  Hoffmann bestätigte : „Der Kanzler hat das natürlich zur Kenntnis genommen. Das Programm wurde dem Expertenrat ja gerade vorgelegt, weil man die Meinung des Expertenrates dazu einholen wollte. Insofern wird diese Meinung und Stellungnahme natürlich auch in das Gesamtprogramm, von dem die Kollegin hier gesprochen hat, einfließen….!“

Dr. Beate Baron, leitende Sprecherin von Bundeswirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck, schaltete sich dann ein und erklärte: Ich kann noch einmal darauf verweisen, dass sich der Minister ja am Tag der Vorlage der Meinung des Expertenrates geäußert hat. Aus der Stellungnahme des Expertenrats wird unserer Einschätzung nach deutlich, dass der Expertenrat die Dringlichkeit zum Handeln in der Klimakrise betont. Deswegen ist jetzt eben die Aufgabe, das weitergehende Klimaschutzsofortprogramm zügig vorzulegen. Nach unserer Auffassung muss es im September vorgelegt werden, damit eben noch einmal ein Gesamtkonzept dazu dargestellt wird, wie alle Handlungsfelder die Klimaziele erreichen können und müssen.

Lesen Sie dazu auch unseren Bericht: Sofortprogramm für Verkehrssektor wird Klimaschutzprogramm nicht gerecht