Neun Grünen –Energieminister der Bundesländer Berlin, Baden Württemberg, Sachsen-Anhalt, Bremen, Hamburg Thüringen Hessen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein haben gemeinsam  einen vom 20. August datierten Brief an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier gerichteten Brief abgeschickt in dem sie mitteilen: „… Mit diesem Schreiben wollen wir Ihnen Vorschläge unterbreiten, wie insbesondere die Potentiale der Photovoltaik im ländlichen Raum und in den Städten besser genutzt und bisher restriktive Rahmenbedingungen überarbeitet werden können.“ Wir berichteten bereits gestern  darüber, s. unten. und haben erste umfangreiche  Auszüge aus dem Vorschlagspapier der neun Ministerinnen und Minister veröffentlicht.( s. unten) Heute wollen wir Ihnen den zweiten Teil der Vorschläge zur Kenntnis bringen.

 "Um das solare Potenzial der Städte zu nutzen,"; Peter Altmaier. bild U +E"
“Um das solare Potenzial der Städte zu nutzen,”; Peter Altmaier. bild U +E

Aus dem Vorschlagpapier der neun Ministerinnen und Minister, hier unser zweiter Teil. Morgen, Mittwoch, 28. August,  folgt der umfassende letzte, dritte Teil:

„Um das solare Potenzial der Städte zu nutzen, bedarf es daher neben einer konsequenten Umsetzung der RED II Richtlinie ein Änderungspaket, das u.a. die Maßnahmen für Mieterstrom umsetzt, wie sie in den Bundesratsdrucksachen 563/18 und 614/18 dargelegt sind und z. B. dafür sorgt, dass Quartiersstromkonzepte für Mieterstrom zugelassen werden, der 500 MW-Deckel für Mieterstrom gestrichen wird, Anforderungen an Messtechnik und Abrechnungsverfahren vereinfacht werden und eigene Ausschreibungen für große Dachflächen-Photovoltaikanlagen eingeführt werden. Im Einzelnen heißt das:

  • Deckelung der Anlagengröße streichen: Der Mieterstromzuschlag muss auch für Anlagen mit einer installierten Leistung über 100 kWp gezahlt werden, da die bestehende Beschränkung für Mieterstromprojekte auf 100 kWp installierter Leistung (pro Gebäude) den Ausbau von PV-Mieterstromanlagen in Städten behindert und zu einer Kostensteigerung der Projekte führt. Denn durch diese Regelung werden Mieterstromanlagen künstlich klein gehalten, ob- wohl entsprechende Gebäude deutlich mehr Platz für PV-Dachanlagen bieten, oder unnötig auf mehrere Gebäude verteilt werden, obwohl ein Errichten auf einem einzigen Gebäude möglich wäre.

Um Bürokratie abzubauen, sollte daher die Deckelung zur Anlagengröße komplett entfallen. Um eine Überförderung durch „Überdimensionierung“ zu vermeiden, genügt die bereits gesetzlich bestimmte Einschränkung, dass der Mieterstromzuschlag nur für die Strommenge gezahlt wird, die auch an die Mieter geliefert wird.

  • Erhöhung der De-Minimis-Grenze für Direktvermarktung bei Mieterstromanlagen: Für die Direktvermarktung von Reststrom aus Anlagen zur Eigenversorgung oder aus Mieterstroman- lagen an der Börse findet sich häufig kein Direktvermarkter oder dies ist nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand und vielfach mit zusätzlichen Kosten Daher ist die De- Minimis-Grenze für die Direktvermarktungspflicht aus Mieterstromanlagen deutlich zu erhöhen, ggf. mit der Maßgabe, dass der überwiegende Anteil des in der Mieterstromanlage er- zeugten Stroms innerhalb des Mieterstromobjekts verbraucht wird.
  • Quartierstrommodelle für Mieterstrom zulassen: Zur Klarstellung, dass Quartierstromkonzepte im EEG-Mieterstrommodell ausdrücklich zugelassen sind und dass ausdrücklich keine Beschränkung auf unter 100 Wohneinheiten besteht, auch nicht über die Auslegung des Begriffs des öffentlichen Netzes der Kundenanlage , ist ein entsprechender klarstellender Hinweis, ggf. mit praktikablen und im Energierecht einheitlichen Definitionen, in das Gesetz aufzunehmen.

Gebäude und erst recht Quartiere in Großstädten verfügen häufig über weitaus mehr als 100 Wohneinheiten. Die Erschließung dieser Dachflächenpotenziale ist besonders effizient über Mieterstromkonzepte möglich. Die derzeitige Rechtslage birgt jedoch für sie die Gefahr, nicht als Kundenanlage sondern als öffentliches Netz qualifiziert zu werden, was zur Folge hat, dass der Mieterstromzuschlag nicht gewährt wird. Die Einschränkung des Mieterstromzuschlags für Strom, der ausschließlich von auf Wohngebäuden installierten Solaranlagen erzeugt wird, kann Mieterstromprojekte in Quartieren hemmen. Denn in Quartieren besteht häufig das Potenzial, Dachflächen von Nichtwohngebäuden (Schulen, Schwimmbädern, kleinen Gewerbe- betrieben etc.) für PV-Anlagen zu nutzen, um Mieterstrom für benachbarte Wohngebäude anzubieten. Der Überförderung durch große PV-Anlagen wird bereits mit der Begrenzung der installierten Leistung Rechnung getragen. Es ist deshalb nicht nachvollziehbar, weshalb Dachflächen von Nichtwohngebäuden für Mieterstromprojekte ausgenommen werden, solange private Mieter vom Mieterstrom Gebrauch machen.

  • 500 MW-Deckel für Mieterstromzuschlag streichen: Die Beschränkung der Förderung von Mieterstromprojekten nach Erreichen von 500 MW pro Jahr ist zu streichen, da eine zusätzliche Begrenzung von förderfähigen Mieterstromprojekten nicht erforderlich und energiepolitisch kontraproduktiv
  • Anforderungen an Messtechnik praktikabel gestalten: Ferner gilt es, die bestehenden Regelungen zu Messung und Technik so zu vereinfachen, dass Mieterstrom- und Quartierskonzepte wieder praktikabel werden und durch diese Regelungen keine Hürden für die Realisierung von Projekten aufgebaut
  • Kopplung an den Grundversorgertarif streichen: Die Minus-10%-Regel hinsichtlich des Mieterstromtarifes ist aufzuheben, da diese die Mieterstromanbieter verpflichtet, einen ständigen Abgleich ihrer Tarife mit dem jeweiligen Grundversorgertarif durchzuführen. Durch die bestehende Wahlfreiheit hinsichtlich des Stromanbieters für die Verbraucherinnen und Verbraucher besteht für diese jedoch die Möglichkeit, zu einem beliebigen (ggf. günstigeren) Stromanbieter zu
  • Abrechnungsverfahren vereinfachen: Ferner bedarf es Erleichterungen für den Mieterstromanbieter bei der Abrechnung, durch die die derzeit bestehende Abhängigkeit von der Übermittlung der Messdaten durch den lokalen Verteilnetzbetreiber aufgehoben Zu- dem wären geeignete Maßnahmen zur Automatisierung von Wechselprozessen, Vertragsschluss und Kündigung notwendig, um eine Gleichstellung mit anderen Energieversorgern und eine Vereinfachung für den Mieterstrombezug zu erreichen.
  • Speichersysteme und Gebäudeintegrierte Photovoltaik ermöglichen: Der Aufbau geeigneter Rahmenbedingungen, in denen die Errichtung von Photovoltaik auf Dachflächen unter Anwendung eines Speichersystems angereizt wird, kann dazu beitragen, die Lastsenken der Städte zu Die in unmittelbarer Nähe an die Erzeugung gekoppelte Speicherung, reduziert den Strombedarf aus dem öffentlichen Versorgungsnetz auch zu erzeugungsschwachen Zeiten und erhöht damit die Eigenverbrauchquote.

Des Weiteren sind die Potenziale des Einsatzes der gebäudeintegrierten Photovoltaik (Building-Integrated Photovoltaics; BIPV) verstärkt zu heben. Diese Technologie kann – insbesondere in urbanen Zentren – eine wertvolle Ergänzung zu konventionellen Dachanlagen darstellen. Zu prüfen ist, wie eine stärkere Berücksichtigung der gebäudeintegrierten Photovoltaik im Rahmen von (Neu-)Bautätigkeiten im Gebäudebereich erreicht werden kann und ob es hierzu ggf. besonderer Förderinstrumente zur Marktintegration bedarf.

  • Eigene Ausschreibungen für Dachflächen-Photovoltaikanlagen und zudem Mieterstrom auf Gewerbeimmobilien ermöglichen: Zwischen den Mieterstrommodellen und den bereits etablierten PV-Ausschreibungen, in denen jedoch bislang ausschließlich Freiflächenanlagen aufgrund ihrer im Vergleich günstigeren Infrastrukturkosten zum Zug kamen, gibt es ein Potenzial an größeren Dachflächen-Photovoltaikanlagen, das dringend für die Energiewende er- schlossen werden Der Bund wird aufgefordert, ein Ausschreibungssegment ausschließlich für Dachflächen-Photovoltaikanlagen einzuführen. Dies sollte groß genug dimensioniert sein, dass auch Potenziale im städtischen Bereich realisiert werden können.

Darüber hinaus ist eine Regelung zu treffen, nach der das Mieterstrommodell auch auf kleineren und mittleren Gewerbeimmobilien Anwendung finden kann, einerseits um die solare Potenziale auszuschöpfen und andererseits, weil die Beschränkung von Mieterstromprojekten auf Wohngebäude zu Benachteiligungen von Unternehmen, die in reinen Gewerbegebäuden (bspw. Gewerbehöfen) ansässig sind, gegenüber Unternehmen, die ihr Geschäft innerhalb eines zum überwiegenden Teil als Wohngebäudes genutzten Hauses betreiben, führt.

Lesen Sie dazu auch unsere Berichte: Neun Minister fordern schnelleren Ausbau der Photovoltaik

und auch: Photovoltaik: Mahnbrief von neun Grünen Länderminister an Altmaier