Szenen von einer Reise zum Strom
„Würden in einigen Jahren der komplette Energiebedarf der Erde, also der bis dann vielleicht 1,5 Milliarden Chinesen und von uns anderen allen, aus fossilen Brennstoffen gewonnen, wäre das der Ruin
des Planeten, versucht Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier seine Zuhörer im Umspannwerk Sechtem des deutschen Netzbetreibers mit dem mit Abstand längsten Höchstspannungs-Stromnetz in Deutschland davon zu überzeugen, dass es mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien schneller vorangehen muss. Es fehlen die Netze dafür.
Der unkonven-tionelle Saarländer dessen Lebensfreude ihm auch äußerlich ein wenig anzusehen ist, stößt bei seinem Netz-Ausbau-Vorstoß während seiner Strom-Netzausbaureise , die aktuell durch die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen(v. 14. bis 16. August) führte (wir berichteten ausführlich, s. unten), allerdings nicht nur auf Gegenliebe.
Gut sichtbar sind die mächtigen Traktoren und Protestschilder an der Zufahrt zur Umspannanlage in Sechtem geparkt und positioniert, Polizei sichert ab. Auf den Schildern haben Landwirte aus der Region notiert: „Schneller Ausbau, aber fair“ oder „Unser Land gibt es nicht für lau.“ Erst am Abend zuvor war ihnen über den Rheinischen Landwirtschaftsverband (RLV) bekannt gegeben worden wo genau Altmaier bei Amprion in Sechtem eintreffen würde.
Und so haben sich die Landwirte aus Roisdorf, Widdig, Urfeld und Sechtem schnell gegenseitig informiert und organisiert, um pünktlich am Mittwochmorgen mit Traktoren und Protestschildern vor der Umspannanlage der Firma Amprion an der L 190 zu stehen und dort Altmaier in Empfang zu nehmen.
Umgekehrt ergreift auch Altmaier, wie schon zuvor bei seiner „Strom-Netz-Reise“, erneut die Gelegenheit, um mit ihnen zu sprechen. Er scheut in seiner unkonventionellen Art nicht den direkten Dialog. Er geht auf sie zu, hört sie an und verspricht dem ebenfalls anwesenden Chef des
Landwirtschafts-verbandes Rheinland, Bernhard Conzen sich nach seiner Reise auch mit dem Bauernverband zusammensetzen, um die Lage zu diskutieren. Die Bauern, haben sie Altmaier zuvor erneut zu verstehen gegeben, wollen sich nicht mit Einmalzahlungen der Stromkonzerne zufriedengeben, wenn sie Flächen für neue Stromtrassen zur Verfügung stellen..Und Altmaier gesteht zu: „Ohne die Landwirte gibt es keine Energiewende, wir müssen reden.“
Doch nicht nur die Bauern hatten sich gut sichtbar positioniert und auch hörbar ihre Botschaft vermittelt. Bundestagsabgeordnete und Bürgermeister waren von Amprion geladen und auch erschienen. So hörten der Bornheimer Bürgermeister Wolfgang Henseler,
der Landrat des Rhein-Sieg-Kreis Sebastian Schuster sowie die beiden Bundestagsabgeordneten Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU) und Sebastian Hartmann (SPD) bei anschließenden Diskussionsrunde mit Altmaier unter anderem auch, dass das Umspannwerk Sechtem „einer der wichtigsten Knotenpunkte des westdeutschen Leitungsnetzes“ ist. Die ehemalige RWE-Tochter Amprion, die heute überwiegend von Versicherungen und Versorgungswerken gehalten wird, baut große Teile der geplanten Gleichstromverbindung zwischen Nord und Süd
Und bei dieser Runde gibt Altmaier noch mal den Hinweis, dass er für den 20. September seine Amtskollegen aus den Ländern zum „Netzgipfel“ eingeladen habe.
Hans-Jürgen Brick, kaufmännischer Geschäftsführer von Amprion gibt Altmaier dazu den deutlichen Wink: Die Geschwindigkeit des Netzausbaus entscheide sich auf regionaler und lokaler Ebene. Und Altmaier nickt heftig. Die Geschwindigkeit des Netzausbaus entscheide sich auf regionaler und lokaler Ebene, erklärt Brick auch noch und gibt Altmaier zu bedenken: „Wenn die Genehmigungsprozesse effizienter gestaltet würden, bliebe mehr Zeit, um im Dialog mit der Bevölkerung die bestmöglichen Lösungen für neue Trassen zu entwickeln.“
Zu Amprion: Der Übertragungsnetzbetreiber Amprion GmbH mit Hauptsitz in Dortmund beschäftigt rund 1200 Mitarbeiter und betreibt das mit knapp 11.000 km Stromkreislänge größte Höchstspannungs-Stromnetz in Deutschland. Es erstreckt sich über sieben westdeutsche Bundesländer.
Lesen Sie dazu auch unseren Bericht: Für eine erfolgreiche Energiewende brauchen wir gut ausgebaute Stromnetze und auch : Der Netzausbau darf nicht zum Nadelöhr der Energiewende werden